Design-getriebener Innovationsansatz als Schlüsselfaktor zum Erfolg

(Photo Credit: Quelle: fhsg)

Die zunehmende Digitalisierung und damit verbundene, exponentielle Wirtschaftsentwicklung zwingt viele Unternehmen nicht nur sich ständig zu verbessern, sondern auch resilienter und innovationsfähiger zu werden. Dazu hat sich in den letzten Jahren die design-getriebene Innovations­entwicklung besonders empfohlen.

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Aber nur diejenigen, die es schaffen, jenseits des rein methodischen Vorgehens eine unternehmerische Designkultur zu etablieren, schöpfen das ganze Potential des gesamtheitlichen Ansatzes aus – und bereiten sich damit erfolgreich auf anstehende disruptive Veränderungen vor.

von Andreas Peter und Lukas Schmid

 

Vor zehn Jahren existierten weder Airbnb noch Uber oder Zalando. Mittlerweile haben sie ihr Marktumfeld radikal verändert und sind zu Unternehmen mit Börsen-Kapitalisierungen in Milliardenhöhe herangewachsen. Das digitale Zeitalter erreicht mittlerweile zunehmend auch Branchen, die sich für immun gegen solch disruptive Markteinsteiger hielten. Das richtige Innovationsmanagement wird damit zu einer zentralen Herausforderung.

 

Transformation der Märkte

Um für die aktuelle Transformation der Märkte gewappnet zu sein, müssen unternehmerische Inno­vationsprozesse drei wesentliche Fähigkeiten meistern: Neue Innovationschancen durch eine Nutzerzentrierte Denkweise erkennen, neue Lösungswege durch das Brechen festgefahrener Denkstrukturen finden sowie nützliche, vielversprechende und machbare Produkte und Dienstleistungen durch ein experiment-basiertes, iteratives Vorgehen entwickeln. Dies befähigt Unternehmen, flexibel und schnell auf neue Anforderungen reagieren zu können.

Geplantes Erschaffen des Neuen

Diese Fähigkeiten finden sich idealtypisch in der Denk- und Arbeitsweise von Designern. Dabei steht der Begriff des Design – also das explizite, systematische und geplante Erschaffen des Neuen – für eine ganze Familie von Unterdisziplinen, die vom Engineering Design über das Produktdesign, das Grafik-, Interaktions- und Animationsdesign bis zum Service- oder Systemdesign führt. Vertreterinnen und Vertreter dieser Gestaltungsdisziplinen sind es sich gewohnt, nach den geeignetsten Methoden zu suchen, um das Unbekannte zu entdecken und das Funktionelle zu erreichen.

 

Gedankliche Grenzen überschreiten

Entsprechend haben sie sich eine Vorgehensmethodik angeeignet, die sie befähigt, gedanklich Grenzen zu überschreiten, neue Optionen zu generieren und letztlich einen Mehrwert für Nutzende zu schaffen. Im Vordergrund steht dabei in der Regel nicht eine detailfokussierte Verbesserung oder Optimierung des Bestehenden, sondern die Schaffung von signifikant Neuem. So verbindet Design Imagination und Innovation im Sinne einer angewandten Kreativität mit dem Ziel, nützliche und attraktive Vorschläge für Kunden und Nutzer zu generieren.

Gestalterinnen und Gestalter arbeiten entlang eines Prozesses, der von einer oft nicht klar umrissenen Problemstellung zu einem vermarktbaren Produkt führt. Das Vorgehen fokussiert in erster Linie auf die Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen, die auf die Bedürfnisse des Menschen ausgerichtet sind. So startet der Entwicklungsprozess idealerweise damit, die Bedürfnisse und das Verhalten der Nutzenden zu identifizieren, zu beobachten und zu verstehen. Die daraus gewonnenen ­Erkenntnisse und Einsichten bilden dann den Nährboden für die eigentliche Ideengenerierung. In diesem Rahmen werden die Konzeptskizzen durch frühes Entwickeln und Testen von Prototypen schnell umgesetzt und kontinuierlich evaluiert. Der Fokus liegt dabei allerdings nicht auf der detailgenauen Ausarbeitung der Ideen respektive der Ausformulierung ausgereifter Konzepte, sondern vielmehr auf dem umfassenden Experimentieren und Sammeln neuer Einsichten.

 

Vertieftes Verständnis

Das iterative Durchlaufen der verschiedenen Entwicklungsschritte führt dabei zu einem zunehmend vertieften Verständnis für das Problem und zum Erkennen möglicher Lösungen. Die Natur der beschriebenen Vorgehensmethodik bringt zudem mit sich, dass entlang des Prozesses Menschen aus unterschiedlichsten Disziplinen zusammenarbeiten. Dies stellt einen regen Austausch von Fachwissen als auch von methodischen Kompetenzen zwischen den Beteiligten sicher und beschert dem Team ein breites Wissen und Lösungskompetenzen.

Damit stellt der Ansatz sicher, das bereits zu einem frühen Zeitpunkt alle relevanten Problemdimensionen – seien diese psychologischer, sozialer, technischer, wirtschaftlicher oder ökologischer Natur – erkannt werden und so blinde Flecken in der Lösungsentwicklung vermieden werden. Entsprechend nimmt der design-getriebene Innovationsprozess auch für sich in Anspruch insbesondere komplexe, vermeintlich unlösbare Probleme zu lösen, indem es über die Disziplinen und über viele Anspruchsgruppen hinweg die beste Lösung sucht. So gesehen kann das Vorgehen durch seine explorative, integrative und ganzheitliche Sichtweise auch als eine höhere Form der Kreativität angesehen werden.

Der beschriebene Innovationsansatz hat sich in den letzten zehn Jahren weit über die Grenzen der Designdisziplinen empfohlen und ist mittlerweile unter dem Label „Design Thinking“ bei vielen Unternehmen hoch im Kurs. In der Kernmethodik hat sich der beschriebene Ansatz aber über die besagten Jahre hinweg wenig weiterentwickelt. Das Potential ist denn auch in vielen Unternehmen bei weitem nicht ausgeschöpft. Grund dafür ist, dass sich das ­Augenmerk der meisten Design-Thinking-Advokaten auf den Management-Diskurs bzw. die Verbreitung des Ansatzes konzen­trieren, und sich – im Umfeld von Management-Schulen und Unternehmensberatungen – vor allem mit der Implementierung der Methoden in die Organisationslogiken beschäftigen.

Die praxisbasierten und wissenschaftlichen Erkenntnisse des Design-Diskurses, der sich primär mit der Untersuchung der methodischen und kognitiven Strategien von Designern und anderen kreativen Innovatoren beschäftigte, findet vielerorts nur in beschränktem Umfang statt. Obwohl sich in der letzten Dekade das designgetriebene, kreative und kollaborative Entwickeln als Erfolgsfaktor bewiesen hat, argumentieren heute deshalb nicht wenige, dass sich die Design-Thinking-Methodik in der Zwischenzeit zu stark verwässert hat, um noch marktdifferenzierende Schlagkraft zu besitzen.

Den design-getriebenen Innovationsansatz deshalb abzuschreiben, wäre aber das Kind mit dem Bade auszuschütten. Nicht umsonst suchen erfolgreiche Konzerne zunehmend die Nähe zu den kreativen Hotspots. Google baute ihr London Headquarter für 3000 Mitarbeitende bewusst unmittelbar neben das international renommierte Central Saint Martins College of Art and Design. Bosch lädt in seiner Design-getriebenen Innovationswerkstatt Plattform 12 Künstler ein, ihre Arbeit im Unternehmenshauptsitz zu verfolgen und als Nebenprodukt mit den Ingenieuren inspirierende Diskussionen und Kollaborationen anzuregen.

Solchen neueren Entwicklungen gemein ist die Rückbesinnung auf die Design-Disziplin selbst und das Bewusstsein dafür, dass das Design-Denken und Design-Schaffen auf hohem Niveau nicht in einem Dreitageskurs erlernt werden kann. Die Kernbeobachtung in Ericsson’s 10.000-Stunden-Regel gilt auch hier.

 

Differenzierung ist gefragt

Nur wer gewillt ist, die nötige Zeit und Geduld zu investieren, wird Meisterschaft erlangen. Diese Unternehmen suchen die Differenzierung deshalb nicht in generischen Design-Thinking-Schulungen, die mittlerweile fast von jeder Hochschule und Beratungsagentur angeboten werden.

Vielmehr bauen sie auf den vernetzten Austausch mit innovativen Partner­unternehmen und erfahrenen Design- und Kreativ-Experten, mit dem Ziel innovationsfördernde ­Design-Ecosysteme zu schaffen. Zentral verfolgen sie damit die Schaffung, Stärkung und Weiterentwicklung der eigenen Designkultur als erfolgstreibenden Faktor in der digitalen Wirtschaft. Damit haben sie Design als neue Form des Denkens für sich entdeckt und sogar als neue Form Unternehmen zu managen.

 

 

 

 

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