Alternative Bedruckstoffe und die Zukunft (7)

Till Isensee, Geschäftsführer, Tilisco GmbH
Till Isensee, Geschäftsführer, Tilisco GmbH (Quelle: Tilisco)

Mit einer Altpapiereinsatzquote von ca. 75%  gilt die Papierindustrie als ein Musterbeispiel für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Die unvermeidlichen Faserverluste  in diesem Kreislauf benötigen die Zugabe frischer Fasern, um den Verlust auszugleichen. Bei einer weltweit wachsenden Nachfrage nach Zellstoff wirkt sich dies auf den Preis aus und treibt ihn nach oben. Vor diesem Hintergrund gewinnen alternative Bedruckstoffe an Bedeutung, die nicht auf Zellstoff aus der Forstwirtschaft angewiesen sind. Welche Alternativen es heute gibt und wie der Markt dazu steht, wollte Etiketten-Labels  von führenden Herstellern und Anbietern konventioneller als auch alternativer Produkte wissen. Auch das Thema Recycling wurde beleuchtet.

Fragen an die Marktteilnehmer:

  1. Folien bzw. Kunststoffsubstrate werden trotz hohem Nutzen in der Verpackung und Etikettierung zunehmend als Müll- bzw. Entsorgungsproblem angesehen. Sind alternative Bedruckstoffe eine Lösung und wie könnten diese in Zukunft aussehen?
  2. Worauf kann sich die Etikettenbranche einstellen? Werden Sie solche Alternativen anbieten bzw. haben Sie bereits Produkte im Verkaufsprogramm oder in der Planung?
  3. Wie schätzen Sie die Entwicklung alternativer Bedruckstoffe ein auch vor dem Hintergrund steigender Papierpreise? Bleiben sie in der Nische oder ist eine breitere Marktdurchdringung zu erwarten?
  4. Vorhandene Alternativen, beispielsweise das Graspapier, unterstützen regionale Anbieter. Kann die zunehmende Nutzung heimischer Ressourcen ein Trend sein, bzw. sich durchsetzen und damit die Warenströme verändern?
Till Isensee, Geschäftsführer, Tilisco GmbH
Till Isensee, Geschäftsführer, Tilisco GmbH (Quelle: Tilisco)
  1. Papier als alternativer Bedruckstoff ist,  was die Beurteilung der Recyclingfähigkeit angeht, im Vergleich zu einem Kunststoffetikett sicherlich eine Lösung. Allerdings mit ein paar Einschränkungen. Kunststoffetiketten gelten im Recycling-Prozess als störend, wenn Trägermaterial und Verpackung nicht materialgleich sind. Zum Beispiel auf einer PET-Flasche sind häufig Kunststoff-Etiketten aus PE. Dies sorgt aber bei der Erkennung in der Sortieranlage für Probleme, da die gesamte Verpackung auf Grund des PE-Etiketts im PE-Stoffstrom und nicht im PET-Stoffstrom landen könnte, welches ja gemessen am Gewicht das Hauptmaterial ausmacht. Es gibt hierbei noch verschiedene Faktoren, wie beispielsweise die Größe des Etikettes bezogen auf die zu scannende Fläche (z.B. die Frontseite einer Verpackung), sowie die Ausgestaltung des Etiketts. Der Infrarot-Scanner kann je nach Ausgestaltung/Dicke des Etikettenmaterials gegebenenfalls durch das Etikett auf das Hauptmaterial „schauen“ und dieses als Hauptmaterial erkennen. Ein Papieretikett hingegen macht den Scanner blind an der Stelle. Ist also das Papieretikett klein genug, so kann die „Restfläche“ erkannt werden und somit ist die richtige Zuordnung wahrscheinlicher als mit einem Kunststoffetikett. Papier als Etikettenmaterial stellt also tatsächlich eine Alternative dar und durch wasserlösliche Kleber kann zudem das Trennen des Etikettes vom Hauptmaterial in der Verwertung unterstützt werden. Wenn Transparenz gefragt ist, geht aus Marketing-Sicht an einem Kunststoffetikett natürlich nichts vorbei. Aber was haptische Eigenschaften angeht, so sind Papiere mit Ihren unterschiedlichen Oberflächen den Kunststoffetiketten mit Ihren verschiedenen Lackierungen überlegen. Wenn also nicht eine Material-Transparenz gefordert ist, so sind alternative Bedruckstoffe im Trend der Nachhaltigkeit sicherlich wieder gefragt.
  2. Aus den oben beschriebenen Gründen, würden wir es als ein Fehler betrachten, wenn sich die Etikettenhersteller nicht mit dem Thema beschäftigen und Ihr Portfolio, wenn nicht sowieso vorhanden, entsprechend anpassen würden. Auch eigene Marketing und Verkaufskonzepte sollten den neuen Anforderungen (Verpackungsgesetz §4 Recyclingfähigkeit) angepasst werden und das Etikett, als ein sehr kleiner aber wichtiger Bestandteil der Verpackung sollte hier nicht ein limitierender Faktor für die möglichst volle Recyclingfähigkeit sein.

    “Alternative Bedruckstoffe sind im Zuge der Nachhaltigkeit wieder gefragt.”

  3. Preis ist und bleibt der treibende Faktor für die Marken und die Markeninhaber werden weiterhin für besondere Gestaltung, Farben und Haptik mehr Geld ausgeben, wenn das Marketing davon überzeugt ist, einen Mehrwert zu generieren. Da das Etikett in den Gesamtkosten einer Verpackung eine eher kleinere Rolle spielt, ist man sicherlich bereit, für entsprechende Effekte mehr Geld auszugeben. Graspapiere oder Steinpapier oder andere werden dabei erst einmal in der Nische bleiben, weil auch der Mehrwert, den man dadurch erreicht,  sehr erklärungsbedürftig ist und für den großen Durchbruch die entsprechenden Mengen sowohl bei Graspapier als auch bei Steinpapier nicht zu bekommen sind.
  4. Bezüglich des Graspapiers sind wir uns sicher, dass es hier einen kurzfristigen Bedarf/Trend geben wird. Auslöser hierbei ist, dass es Kartonagen als auch Faltschachteln aus Graspapier geben wird, da diese als nachhaltiger (Co2 Footprint) angesehen werden. Hier macht es Sinn, dass sowohl das Etikett als auch die Verpackung aus dem gleichen oder ähnlichen Material sind. [7799]