Mit einer Altpapiereinsatzquote von ca. 75% gilt die Papierindustrie als ein Musterbeispiel für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Die unvermeidlichen Faserverluste in diesem Kreislauf benötigen die Zugabe frischer Fasern, um den Verlust auszugleichen. Bei einer weltweit wachsenden Nachfrage nach Zellstoff wirkt sich dies auf den Preis aus und treibt ihn nach oben. Vor diesem Hintergrund gewinnen alternative Bedruckstoffe an Bedeutung, die nicht auf Zellstoff aus der Forstwirtschaft angewiesen sind. Welche Alternativen es heute gibt und wie der Markt dazu steht, wollte Etiketten-Labels von führenden Herstellern und Anbietern konventioneller als auch alternativer Produkte wissen. Auch das Thema Recycling wurde beleuchtet.
Fragen an die Marktteilnehmer:
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Folien bzw. Kunststoffsubstrate werden trotz hohem Nutzen in der Verpackung und Etikettierung zunehmend als Müll- bzw. Entsorgungsproblem angesehen. Sind alternative Bedruckstoffe eine Lösung und wie könnten diese in Zukunft aussehen?
Worauf kann sich die Etikettenbranche einstellen? Werden Sie solche Alternativen anbieten bzw. haben Sie bereits Produkte im Verkaufsprogramm oder in der Planung?
Wie schätzen Sie die Entwicklung alternativer Bedruckstoffe ein auch vor dem Hintergrund steigender Papierpreise? Bleiben sie in der Nische oder ist eine breitere Marktdurchdringung zu erwarten?
Vorhandene Alternativen, beispielsweise das Graspapier, unterstützen regionale Anbieter. Kann die zunehmende Nutzung heimischer Ressourcen ein Trend sein, bzw. sich durchsetzen und damit die Warenströme verändern?
Carsten Otte Director Tailored Solutions, Specials EMEIA,
UPM Sales GmbH
Bei Folien- und Kunststoffsubstraten ist es enorm wichtig, den gesamten Lebenszyklus eines Produktes zu betrachten. Kunststoff ist ein hochstabiles Verpackungsmaterial, welches auch bei der Verwendung als Etiketten besser für herausfordernde Umgebungsbedingungen wie Nässe, Feuchte oder Hitze geeignet ist. Bei richtigem Recycling, kann es mehrmals wiederverwendet werden, was optimaler Kreislaufwirtschaft entspricht. Jedoch ist die Herausforderung heutzutage, dass Kunststoff viel zu oft nicht recycelt wird. Das verursacht die unnötige Entsorgung von wertvollem Material und macht den Vergleich von Kunststoff und alternativen Materialien noch komplexer. Folienetiketten können auch beim Verpackungsrecycling Vorteile gegenüber Papieretiketten bieten (Stichwort Sortenreinheit). Entscheidend ist allerdings, dass Kreislaufwirtschaft zum Normalfall für uns alle wird. Wir müssen die Wiederverwendung von Kunststoff steigern und gleichzeitig von fossilen auf nachwachsende Rohstoffe umstellen.
Bei UPM Raflatac haben wir bereits große Schritte hin zur Kreislaufwirtschaft getan: wir haben ein Produkt entwickelt, welches aus 90% Recyclingmaterial produziert wird und global verfügbar ist. Weitere Innovationen in diesem Bereich sind Ressourcen sparende dünnere und leichtere Folienprodukte sowie unser RafBio PE, welches zu 80% aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird. Für unser Rafcycle Recyclingkonzept suchen wir kontinuierlich nach neuen Partnern, um unser PET-Träger Recycling-Programm auf allen Kontinenten zu erweitern. Bei Papierobermaterialien und -trägern beziehen wir den überwiegenden Teil der Fasern aus FSC und PEFC zertifizierten Wäldern. Diese Zertifikate bestätigen die nachhaltige Bewirtschaftung dieser Wälder. FSC zertifizierte Papierträgermaterialien werden auch vielfach mit Folienobermaterialien kombiniert. Die Verwendung zertifizierten Fasermaterials ist über die letzten Jahre stark gewachsen und wir erwarten weiteres Wachstum. Dazu erwarten wir neue innovative Kreislaufwirtschaftslösungen in der Zukunft.
“Der Einsatz von Papierprodukten aus alternativen Faserstoffen wird nicht über einen Nischenmarkt hinausgehen.”
Da die Ressourcen begrenzt sind, wir aber erwarten, dass die Nachfrage auch in der Zukunft weiter wächst, existiert ein hoher Bedarf an innovativen Nachhaltigkeitslösungen, die die Kreislaufwirtschaft unterstützen. Schon heute schauen große Markeninhaber nach Partnern für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Dazu gehören Abfallvermeidung und -verringerung, Erhöhung des Verpackungsrecyclings sowie der Wille auf nachhaltigere Produkte zu wechseln. UPM Raflatac arbeitet zudem mit der Ellen MacArthur Foundation (EMF) zusammen und ist Mitglied des „Circular Economy 100 Programme“. Papierprodukte werden aus erneuerbarem Material produziert. Daher werden sie weiterhin populär bleiben trotz steigender Zellstoff- und Papierpreise. Preise sind aber niemals stabil und der Markt wird sich daran anpassen. Weil Papieretiketten nicht das beste Material für alle Anwendungen sind, wird auch der Bedarf für nachhaltige Folienprodukte steigen. Ich glaube viele verschiedene Materialien und Substrate werden ihren Platz haben in einer Welt, die sich kontinuierlich weiterentwickelt.
Bei Papierprodukten aus alternativen Faserstoffen wird die Verfügbarkeit einer genügend großen Menge an Rohstoffen vermutlich eine Herausforderung darstellen. Daher sehe ich zurzeit nicht, dass der Einsatz dieser Produkte über einen Nischenmarkt hinausgehen wird. Auch die Produktion von Papier- und Folienprodukten unterstützt heimische Produktion und unterscheidet sich daher nicht sehr von Alternativprodukten. Jedoch kann der grundsätzlichere Einsatz von lokalen Rohstoffen zusätzlich zur Nachhaltigkeit eines Produktes beitragen. Bei UPM Raflatac optimieren wir ständig den Transport von Roh-, Halbfertig- und Fertigwaren, um Ressourcen einzusparen. Der Einfluss des Transports in unserem Bereich ist allerdings typischerweise erheblich geringer als die Rohstoffe und die Produktion. Daher ist es wichtig den kompletten Lebenszyklus eines Produktes aus der Helikopter-Perspektive zu betrachten. [7799]