Technik im Detail

Die Suche nach dem perfekten Klebstoff

Haftklebstoffe benötigen für gute Anfangshaftung ausreichend Druck beim Applizieren (Quelle: VPF)
Haftklebstoffe benötigen für gute Anfangshaftung ausreichend Druck beim Applizieren (Quelle: VPF)

Etikettendrucker und Verpackungstechniker stehen immer wieder vor der Frage, welcher Klebstoff der Richtige ist. Am besten extrem stark haftend, fließend in raue Untergründe, klebend bei sehr niedrigen Temperaturen und trotzdem hoch temperaturstabil, idealer Weise UV-beständig und natürlich repositionierbar. Haftmaterialhersteller sind mit den unterschiedlichsten Anforderungen konfrontiert und auf der Suche nach dem perfekten Klebstoff – von Thomas Wulfert.

Um Klebstoffe unterscheiden zu können, ist ein Ausflug in die Welt der Chemie nötig, denn grundsätzlich unterscheidet man Etikettenklebstoffe nach Ihrer Basis und Zustandsform. Im Etikettenmarkt etabliert sind unter anderem die untenstehenden Klebstoffvarianten:

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  • Reinacrylate
  • Harz-modifizierte Acrylate
  • Kautschuk
  • Polyurethane

Die genannten Arten können in verschiedenen Zustandsformen vorliegen. Zu unterscheiden sind Lösemittelsysteme, wässrige Dispersionen, Haftschmelzklebstoffe und strahlenvernetzende Haftschmelzklebstoffe.

Der HM357 – ein nahezu perfekter Klebstoff mit hoher Kohäsion und hoher Adhäsion (Quelle: VPF)
Der HM357 – ein nahezu perfekter Klebstoff mit hoher Kohäsion und hoher Adhäsion (Quelle: VPF)

Als Haftmaterialspezialist verarbeitet VPF Reinacrylate und Harz-modifizierte Acrylate im Bereich der wässrigen Dispersionen sowie im Bereich der Schmelzklebstoffe konventionelle, kautschukbasierte und strahlenvernetzende Systeme.

Was ist der perfekte Klebstoff für ein Etikett? Um diese Frage zu beantworten sind Informationen zur Anwendung der Etiketten nötig:

  • Wofür möchten wir das Etikett einsetzen?
  • Worauf soll es verklebt werden?
  • Wie lange soll das Etikett verklebt bleiben?
  • Und welchen äußeren Einflüssen ist das Etikett in seinem Leben ausgesetzt?

Der perfekte Klebstoff würde all die folgenden Bereiche abdecken, jedoch sind die Eigenschaften der Klebstoffe immer ein Zusammenspiel aus Kohäsion und Adhäsion. Im Bereich der konventionellen Schmelzklebstoffe auf Kautschukbasis hat VPF jüngst den neuentwickelten HM 357 vorgestellt, welcher durch seine Ausgewogenheit von Kohäsion und Adhäsion perfekt geeignet ist bei Anwendungen, welche eine hohe Scherfestigkeit sowie gute Klebkräfte voraussetzen. Speziell empfohlen für Hangerlabels und Tragegriffanwendungen.

Glatt oder rau?

Die Oberfläche, auf welcher das Etikett verklebt wird, ist dabei zu unterscheiden in ihrer Beschaffenheit. Zu differenzieren ist, ob es sich um eine glatte oder raue Oberfläche handelt und ob diese gekrümmt oder eben ist. Da die verschiedenen Klebstoffe, wie vorher beschrieben, alle ihren jeweiligen Einsatzzweck abdecken, wobei sich auch einige überschneiden können, ist das erst einmal die wichtigste Frage. Dieses gilt sowohl für permanent haftende, als auch für repositionierbare Etiketten.

Sieht schön aus – für die Verklebung allerdings ungünstig – apolare Oberflächen (Quelle: VPF)
Sieht schön aus – für die Verklebung allerdings ungünstig – apolare Oberflächen (Quelle: VPF)

Für eine glatte Oberfläche kann der Klebstoff in sich eher trockener sein, also eine höhere Kohäsion aufweisen. Wohingegen für eine raue Oberfläche ein sehr weicher Klebstoff benötigt wird, also mit einer niedrigeren Kohäsion. Das liegt daran, dass ein Klebstoff um seine Haftkraft entfalten zu können, eine möglichst große Kontaktfläche zum Untergrund erhalten muss und mit entsprechendem Druck auf das Substrat appliziert werden sollte. Nicht umsonst spricht man bei Etiketten-Haftklebstoffen von „pressure-sensitiven“-Klebstoffen.

Speziell für die schwierigeren Untergründe hat VPF als Spezialitätenanbieter eine große Auswahl an Klebstoffen im Portfolio. Für Kartonagen beispielsweise die harzmodifizierte Dispersion permanent 925 oder für die Verklebung auf Textilien den Klebstoff permanent 959TX in leichter Übergrammatur von 25g/m².

Daher gibt es für die verschiedenen Anwendungen verschiedene Klebstoffe. In Fällen, bei denen man auf ein bestimmtes Klebstoffsystem beschränkt ist, kann man diesen Effekt zudem noch über die Anpassung des Klebstoffauftragsgewichts erreichen oder verstärken. Grundsätzlich gilt: je mehr Klebstoff auf dem Etikett ist, desto eher neigt der Klebstoff zum Fließen. In diesem Fall, der rauen Oberfläche, ist ein Fließen des Klebstoffes gewollt, so dass dieser in der Struktur des Untergrundes anhaften kann.

Gekrümmte oder ebene Oberfläche?

Hierbei kommt es unter anderem auf den Radius der gekrümmten Oberfläche an. Je enger der Radius wird, desto höher sind die Rückstellkräfte des Etikettenmaterials, welche auf den Klebstoff wirken und ein Ablösen der Etikettenränder verursachen können. Der Etikettenklebstoff muss also stärker haften als die Rückstellkräfte gegen ihn wirken. Dazu benötigt man einen Klebstoff mit sehr hoher Kohäsion, umgangssprachlich einen trockenen Klebstoff. Zudem hat das Etikettenobermaterial einen starken Einfluss auf diese Rückstellkräfte. Ein steifes Polyethylenterephthalat (PET) wirkt bei engen Biegungen stärker gegen den Klebstoff als ein Polyethylen (PE).

Hier zeigt sich, dass nicht nur die Auswahl des Klebstoffes die Funktion des Etiketts beeinflusst, sondern ein Etikettenmaterial immer als Gesamtheit zu betrachten ist. Speziell geeigneter Klebstoff für enge Radien ist aus dem Hause VPF unter anderem der Allround-Klebstoff permanent 958, gerade bei engen Radien spielt der Klebstoff hier seine Vorteile eines guten Zusammenspiels aus Kohäsion und Adhäsion aus. Sind noch höhere Klebkräfte, zum Beispiel durch ein relativ dickes Obermaterial mit hohen Rückstellkräften, gefragt, kann aus dem Baukastensystem von VPF ebenfalls auf den neu entwickelten kautschukbasierten Klebstoff HM 357 zurückgegriffen werden.

Energetische Betrachtung einer Oberfläche?

Weiter fragt man sich zur Oberfläche, wie ist diese energetisch zu betrachten ist? Ein Aspekt, der vermutlich nicht sofort jedem klar ist. Im Grunde genommen ist es einfach erklärt. Jedes Material weist seine eigene Oberflächenspannung auf, die Oberflächenspannung beschreibt, wie gut eine Oberfläche eines Materials zu benetzen ist. Hochenergetische Oberflächen, sogenannte polare Oberflächen, bieten dem Klebstoff einen „leichten“ Kontakt zur Oberfläche, da diese gut zu benetzen sind. Niedrig energetische Oberflächen, sogenannte apolare Oberflächen, bieten hingegen einen kleinen Kontaktwinkel und sind eher schwer zu benetzen. Jeder kennt den Effekt bei einem frisch gewachsten Auto bei Regen, die Tropfen auf dem Lack sind eher klein und als richtige Tropfen zu erkennen. Dieses ist eine bekannte apolare Oberfläche, welche schlecht zu benetzen ist und bieten somit dem Klebstoff wenig Kontaktfläche. Auf einem unbehandelten verwitterten Lack ist bei Kontakt mit Wasser zu erkennen, dass sich quasi die gesamte Fläche benetzt, kein einzelner Tropfen zu erkennen ist und so einem Klebstoff eine höhere Kontaktfläche bietet.

Aus dem Baukastensystem von VPF sind die Klebstoffe permanent 980, als Standard-Folienklebstoff, und permanent 927, als Papier Klebstoff, bestens für die Verklebung auf apolaren Oberflächen geeignet.

Fazit

Zusammengefasst, die zu beklebende Oberfläche ist alles andere als ein trivialer Punkt bei der Auswahl des Klebstoffes. Nachfolgend ist zu betrachten, welchen äußeren Einflüssen das Etikett, respektive der Klebstoff, ausgesetzt ist und wird. Auch hier zeigen die verschiedenen Klebstoffsysteme ihre eigenen Einsatzbereiche. Ein konventioneller Schmelzklebstoff auf Kautschukbasis wird zum Beispiel bei einer Anwendung im Außenbereich in Spanien nicht so stark permanent haften, wie zum Beispiel ein strahlenvernetzendes UV Acrylat, obwohl dieses ebenfalls ein Schmelzklebstoff ist. Dieses ist darin zu erklären, dass ein konventioneller Schmelzklebstoff auf Kautschukbasis nicht sonderlich UV- oder temperaturstabil ist – ganz im Gegensatz zu strahlenvernetzten UV-Acrylaten.

Thomas Wulfert, VPFThomas Wulfert, 29 Jahre alt, ist verheiratet und Vater eines einjährigen Sohnes. Nach seiner Weiterbildung zum Werkstoffprüfer, inklusive fundierter Qualitätsmanagement Ausbildung, begann er 2018 bei der VPF als Produktentwickler. Seit August 2020 fachverantwortlich für den Bereich Produktentwicklung und stellvertretend für die Qualitätssicherung.