Berichtspflicht zur Nachhaltigkeitsverordnung

Nachhaltiges Handeln im Unternehmen – ab wann?

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In der Praxis taucht immer wieder die Frage auf, ab wann man „als Unternehmen etwas für die Nachhaltigkeit tun muss“. So einfach diese Frage klingt, so komplex ist ihre Beantwortung – der folgende Beitrag versucht, etwas Licht in dieses Dunkel zu bringen. Von Dr. Michael Has*.

Im Rahmen der EU wird das Thema in der Corporate Sustainability Richtlinie beschrieben, die die Grundlage für die Berichtspflicht zur Nachhaltigkeitsverantwortung von Unternehmen darstellt. Ziel der Richtlinie ist es, die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erweitern und zu vereinheitlichen. Das Besondere daran ist, dass die Richtlinie die Nachhaltigkeitsberichterstattung der Finanzberichterstattung gleichstellt.

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Als Liste der zu berichtenden Themen wird einheitlich der European Sustainability Reporting Standard verwendet, der die Themen in vier große Blöcke gliedert: die allgemeine Berichterstattung, die Umwelt-, die Sozial- und die Governance-Berichterstattung.

“Ziel der Richtlinie ist es, die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erweitern und zu vereinheitlichen.”

Wichtig ist, dass nur über relevante Themen aus diesen Themenblöcken berichtet werden muss, wobei sich die Auswahl aus den Aktivitäten des Unternehmens, den Ergebnissen der Wesentlichkeitsanalyse und dem Code of Conduct ergibt. Generell werden Nachhaltigkeitsthemen vor allem dann als berichtenswert angesehen, wenn sich aus ihnen entweder Risiken und Chancen für den Geschäftserfolg ergeben oder sie aufgrund der Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Menschen hervorzuheben sind.

Wer ist betroffen?

Betroffen von der CSRD sind Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften mit ausschließlich haftungsbeschränkten Gesellschaftern:

  • Großunternehmen im handelsrechtlichen Sinne
  • kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Sinne des Handelsrechts,
  • Drittlandsunternehmen mit einem Umsatz in der EU von 150 Mio. Euro, deren Tochterunternehmen die vorgenannten Größenkriterien erfüllen oder deren Zweigniederlassungen einen Umsatz von mehr als 40 Mio. Euro erzielen.
  • Kleinstunternehmen sind vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.

Die Berichtspflichten der CSRD gelten zunächst für Geschäftsjahre ab dem 1.1.2024 für einen eingeschränkten Kreis von Unternehmen, der dann sukzessive erweitert wird:

  • für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1.1.2024: Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitern,
  • für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.1.2025 beginnen: alle anderen großen Unternehmen im Sinne des Bilanzrechts,
  • für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1.1.2026: kapitalmarktorientierte KMU, sofern sie nicht von der Möglichkeit einer Verschiebung bis 2028 Gebrauch machen.

“Die Geschäftsführung ist für die Risikovermeidung verantwortlich, auch wenn diese Anforderung (noch) nicht explizit formuliert ist.”

Hinzu kommt die Berichtspflicht nach dem Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz (LKsG) – hier sind im Gegensatz zur CSRD nicht nur kapitalmarktorientierte Unternehmen betroffen:

Ab 2023 müssen Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden (bundesweit 900 Unternehmen) und ab 2024 Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden (bundesweit 4.800 Unternehmen) berichten. Nach Ablauf dieser Frist soll der Anwendungsbereich neu bewertet werden, wobei die Kommission bereits angekündigt hat, auch KMU in die Berichtspflicht einzubeziehen.

Das deutsche LKsG definiert den Verantwortungs- und damit den Berichtskreis als den des eigenen Geschäftsbereichs und den der unmittelbaren Zulieferer (Tier 1) sowie der unmittelbaren Kunden. Mit der Berichterstattung einhergehende Aufgaben sind z.B. die Erstellung/Verabschiedung eines Code of Conduct (der z.B. eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte enthält), die Analyse nichtfinanzieller Risiken und das entsprechende Risikomanagement (inkl. Präventions- und Korrekturmaßnahmen), die Einrichtung eines internen Beschwerdemechanismus oder auch die transparente öffentliche Berichterstattung.

Was passiert bei Problemen?

Es versteht sich von selbst, dass bei Verdacht oder tatsächlichem Auftreten von Verstößen im eigenen Geschäftsbereich im Inland unverzüglich eine Klärung und ggf. wirksame Abhilfe herbeigeführt werden muss und ebenso bei Verdacht oder tatsächlichem Auftreten von Verstößen beim direkten Zulieferer ein konkreter Plan zur Minimierung und Vermeidung der Probleme umgesetzt werden muss.

Die Vermutung eines Problems bei indirekten Zulieferern gilt heute nur anlassbezogen. Sie greift, wenn das Unternehmen Kenntnis von einem Verstoß erhält. In diesem Fall ist das Unternehmen verpflichtet, unverzüglich eine Risikoanalyse durchzuführen und, sofern sich das Risiko als signifikant erweist, einen Plan zur Minimierung und Vermeidung umzusetzen bzw. geeignete Präventionsmaßnahmen zu ergreifen.

Drei Fälle unterscheiden

In der Praxis treten jedoch auch andere Situationen auf, wobei generell drei Fälle unterschieden werden können. Aus Sicht des einzelnen Unternehmens wird eine Berichterstattung nicht nur dann notwendig, wenn der Gesetzgeber dies verlangt, sondern auch dann, wenn der Markt (d.h. Kunden und Investoren) oder auch die Stakeholder (d.h. vor allem Eigentümer, aber auch andere) dies fordern.

In Bezug auf das Gesetz zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette wurde oben eine Einschränkung gemacht: Es wurde gesagt, dass das deutsche LKsG den Umfang der Verantwortung „als den des eigenen Geschäftsbereichs und den der unmittelbaren Lieferanten (Tier 1) sowie der unmittelbaren Kunden“ definiert. Im Dezember 2023 wurde die Corporate Due Diligence Directive (ODDD) von der EU verabschiedet. Diese Richtlinie geht hinsichtlich des Verantwortungsbereichs deutlich über die Vorgaben des LKsG hinaus: Es besteht eine Verantwortung für die gesamte Lieferkette.

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Quelle: Shutterstock

Rahmenbedingungen neu formulieren

Damit wird es absehbar notwendig, in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen, dass der Lieferant entsprechend von seinen Zulieferern die gleichen nachhaltigkeitsbezogenen Richtlinien einfordert, die für ihn selbst gelten. Die ODDD wurde im Dezember verabschiedet und es gilt die Vorgabe, dass die Richtlinien innerhalb von zwei Jahren in den Nationalstaaten innerhalb der EU verabschiedet werden müssen. Es ist also damit zu rechnen, dass die Richtlinie 2026 auch für Deutschland gilt. Es bleibt also genügend Zeit für eine eventuell notwendige Neuformulierung der entsprechenden Rahmenbedingungen.

Große Unternehmen, die bisher schon berichtspflichtig waren, oder auch Investoren/Banken können Berichte anfordern, wenn sie ihre Risiken für eine Investition, eine Kreditvergabe oder für die eigene Berichterstattung einschätzen oder Maßnahmen von Lieferanten bewerten wollen. Stakeholder, z.B. Eigentümer oder auch Mitarbeiter oder Nachbarn, wollen aus unterschiedlich motivierten Eigeninteressen informiert werden. In Bezug auf den Gesetzgeber wurden oben bereits einige Rahmenbedingungen genannt – es sind aber genau zwei Aspekte zu beachten – der europäische oder nationale Gesetzgeber gibt vor oder kündigt an.

“Aus Sicht des einzelnen Unternehmens wird eine Berichterstattung nicht nur dann notwendig, wenn der Gesetzgeber dies verlangt, sondern auch dann, wenn der Markt (d.h. Kunden und Investoren) oder auch die Stakeholder (d.h. vor allem Eigentümer, aber auch andere) dies fordern.”

Der zweite Aspekt kann zu einem Risiko führen, denn auch wenn nur angekündigt wird, tut der sorgfältig handelnde Verantwortliche natürlich gut daran, die geforderten Maßnahmen oder denkbare Risiken für die betrieblichen Belange oder den Unternehmenswert zu antizipieren. Die Geschäftsführung ist für die Risikovermeidung verantwortlich, auch wenn diese Anforderung (noch) nicht explizit formuliert ist. Gesetzlich ist diese Sorgfaltspflicht der Geschäftsführung bzw. des Aufsichtsrates verankert.

Richtlinien seit 15 Jahren

Insofern kann kein Management von sich behaupten, dass die jetzt geltende Rechtslage unerwartet kommt, denn seit weit mehr als 15 Jahren gibt es Richtlinien, die zum Teil unter Androhung von Strafe oder Marktausschluss die Beachtung von Nachhaltigkeitsthemen einfordern.

Die eingangs gestellte Frage, ab wann was zu tun ist, kann daher von den Verantwortlichen nicht mit dem Hinweis abgetan werden, man habe es nicht gewusst oder wissen können. Natürlich geht es nur sekundär um das Melden, im Vordergrund steht das Verstehen von Risiken und deren aktive Vermeidung. Nicht zu handeln bedeutet, einem bekannten Risiko für das Unternehmen und seinen Wert nicht proaktiv zu begegnen. Versicherungen antizipieren Risiken und kalkulieren entsprechende Prämien, Banken bei der Zinsbemessung oder auch bei der Verweigerung von Krediten – und es ist nicht einzusehen, warum Stakeholder oder der Gesetzgeber dies in Bezug auf ein Unternehmen anders sehen sollten.

Anders und zusammenfassend formuliert: Auch wenn entsprechende Gesetze (noch) nicht greifen, verlangt die Sorgfaltspflicht vorausschauendes Handeln und Risikovermeidung, wobei sich die Risiken insbesondere auf das Handeln und die Werthaltigkeit von Unternehmen beziehen. In diesem Sinne rechtfertigt z.B. bereits die Absehbarkeit gesetzlicher Vorgaben die Einleitung von Maßnahmen zur Risikovermeidung auch im Hinblick auf die nachhaltige Wirtschaftsweise eines Unternehmens.

*Dr. Michael Has ist promovierter Physiker. Nach der Promotion war er in der FOGRA für Innovationsforschung und Vorstufentechnik verantwortlich. Bei Océ bzw. Canon bekleidete er Positionen in Forschung und Entwicklung, dem Management und der Strategischen Planung. Dr. Has ist seit 1998 Distinguished Professor an der Universität Grenoble.