Im Rahmen der UV-Days 2017, veranstaltet von IST Metz in Nürtingen, führte Etiketten-Labels-Redakteur Michael Scherhag ein Gespräch mit mehreren Spezialisten aus den Bereichen Druckfarben und -maschinen sowie dem Veranstalter. Die Podiumsdiskussion behandelte diverse Themen rund um die derzeit aktuellen Trends im Etikettendruck und speziell hinsichtlich der Zukunft der LED-UV-Technologie.
von Michael Scherhag
40 Jahre IST Metz, eine Hausmesse mit 45 Ausstellern, Besucherrekord und eine Vielzahl neuer Technologien: So könnte man in Kürze umschreiben, was IST Metz in Nürtingen Anfang Mai auf die Beine stellte. Im Mittelpunkt die eigenen Technologien wie UV und LED-UV, umrahmt von Partnern aus allen Bereichen – angefangen bei Papier und Farbe über Druck und Weiterverarbeitung bis hin zum Einsatz in anderen industriellen Bereichen – zeigte das Unternehmen den aktuellen Stand der Technik.
In diesem Umfeld organisierte das Unternehmen täglich eine Podiumsdiskussion mit Fachleuten zu unterschiedlichen Themen. Wir fassen die Diskussion zusammen, die Michael Scherhag, Redakteur Etiketten-Labels, mit seinen Gesprächspartnern führte. Dabei: Benjamin Alle, Highlight Media; Michael Bartelt, Schlenk; Achim Herzog, ITL UV-Integration, eine Tochterfirma von IST-Metz; Dominik Heiniger, Bobst und Peter Plön, Chromos.
Im Etikettendruck gewinnen UV-Technologie und auch die LED-UV an Bedeutung. Etiketten sind flexible Produkte und lassen sich vielfältig einsetzen. Welche Möglichkeiten bieten sie uns heute?
Michael Bartelt: Der Etikettendruck war schon immer flexibel. Denn die Auflagen werden immer kleiner und der Kampf am POS wird immer heftiger. Die Vielfalt ist einfach viel größer und man möchte sich deutlicher unterscheiden. Daher muss man sehr flexibel sein. Es gibt auch immer mehr Weihnachts- oder Osterprodukte und Sonderauflagen, die mit Sicherheit noch zunehmen werden.
Herr Alle, obwohl heute mit Laser-gestanzten und filigranen Produkten hier, waren Sie ja auch mal im Etikettenbereich tätig. Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung?
Benjamin Alle: Der Etikettendruck ist für mich nach wie vor der Bereich mit den höchsten Anforderungen. Wo hat man es sonst mit so vielen Substraten zu tun? Papier, Folien, opake Materialien, transparente Materialien, verschiedenste Druckverfahren in einer Maschine. Und das mit verschiedensten Anforderungen: Manche Etiketten müssen in Nasszellen funktionieren, andere im Food-Bereich. Es gibt verschiedene Formen, daher sind die Anforderungen so vielfältig, dass die Flexibilität eine ganz große Rolle spielt. Man muss sich beim Erzeuger oder der Druckerei immer wieder auf neue Anforderungen einstellen.
Peter Plön: Betrachten wir einmal die Geschichte des Etikettendrucks in den letzten 30 Jahren. Im Flexodruck kam Ende der 80er-Jahre die UV-Technologie zum Tragen, dann startete man mit hybriden Maschinen – zunächst für den Kombinationsdruck mit Siebdruck. Stanzen waren immer Teil einer Maschinenkonfiguration und heute sprechen wir von hochveredelten Möglichkeiten im Bereich Heißfolien- und Kaltfolienprägung bis hin zu den neusten Trends: Hybridtechnik mit Digitaldruck. Die Technik unterstützt damit die Flexibilität der Drucker.
Veredelungen, speziell zur Optimierung von Haptik und Optik und zur Unterscheidung am POS gewinnen an Bedeutung. Herr Bartelt, Sie stehen für einen Anbieter, der Metallpigmente produziert und damit diesen Trend unterstützt.
Michael Bartelt: Die Veredelung ist sehr wichtig. Gerade bei Etiketten, denn mit dem Etikett lässt sich ein Produkt wertiger machen. Zudem kommt es drauf an, möglichst hochwertige Effekte zu zeigen. Wenn ich ein Etikett mit Gold und Silber, zum Beispiel mit Metallpigment oder auch mit Prägefolie, zeige, suggeriert dies dem Kunden Wertigkeit. Die Veredelung ist somit ein sehr, sehr wichtiger Aspekt in der Druckbranche.
Benjamin Alle: Man muss sich vorstellen, dass in Deutschland jedes Jahr ca. 30.000 neue Artikel im Einzelhandel auf den Markt kommen. 30.000, teilweise neue Namen, die man nicht kennt. Oft überfordert uns, was da auf den Markt kommt. Wir können nicht richtig unterscheiden, was für uns relevant ist. Es gibt am Point of Sale gewisse Anzeigen, Signale, wie die Marke, den Preis, die Größe der Verpackung – aber ganz entscheidend ist dann auch die Veredelung: Wie spricht mich das an? Ist es hochwertig? Wirkt es wertig? Und bei der Fülle von Produkten ist es wichtig, dass man dann mit seinem Produkt heraussticht, dass man sich abgrenzen kann. Ohne Veredelung ist das heute kaum mehr möglich.
Soweit zu den Produkten. Um diese Anforderungen zu erfüllen, bedarf es entsprechender Maschinen und es gibt sicherlich diverse Anforderungen. Was gilt es hierbei besonders zu beachten?
Dominik Heiniger: Ja, ich kann mich da nur anschließen, vor allem im Etikettendruck ist dies von sehr großer Bedeutung. Wir haben kaum ein Projekt mit einem Kunden, bei dem es sich um eine Standardkonfiguration handelt. Der Druck wird ergänzt mit Veredelungen. Sei es Foliendruck, Reliefdruck, Siebdruck, Bahnführung etc. Hier besteht für den Kunden die Möglichkeit, sich einen Mehrwert gegenüber den Mitbewerbern zu verschaffen und Nischenprodukte zu erzeugen – ja, sogar eine Einzigartigkeit zu erreichen.
Vom konventionellen Druck zum digitalen Etikettendruck. Wie sieht es mit der Druckqualität im Digitaldruck aus?
Achim Herzog: Hinsichtlich der Druckqualität im Digitaldruck hatten wir über die letzten Jahre eine sehr große Steigerung. Beispiel Labelexpo: Vor zwei bis drei Labelexpos gab es nur vereinzelt Digitaldruckmaschinen mit 300 oder 360 dpi Auflösung, dann kamen 600 dpi und jetzt sind wir bei 1200 dpi. Das ist eine Auflösung, bei der man den einzelnen Inkjet-Tropfen kaum noch sehen kann, sodass die Qualität im Digitaldruck sehr stark zunimmt.
Dazu kommt, dass ich jetzt die Möglichkeit habe, ein Weiß vorzulegen oder den Farbraum zu erweitern, beispielsweise mit einem hexachromen Farbraum oder Sonderfarben. So kann ich den ganzen Pantone-Farbraum abdecken und das ist inzwischen mit der Digitaldrucktechnologie durchaus möglich. Der Digitaldruck rückt immer mehr in den Bereich des analogen Drucks, beispielsweise in den Flexodruck und versucht, dort selbst Fuß zu fassen.
Betrachten wir nun die Trocknung und LED-UV. Welche Vorteile bietet die Technologie?
Achim Herzog: Generell muss man da unterscheiden: LED für den Digital- und für den konventionellen Etikettendruck. Fast alle Hersteller von digitalen Etikettenmaschinen arbeiten mit LED-Technologie. Da sehr wenig Platz zwischen den einzelnen Druckpositionen, also zwischen den einzelnen Farben, ist und es sich bei dem Inkjet-Druck um ein indirektes Verfahren handelt, muss ich versuchen, den Druckkopf so gut wie möglich über eine gewisse Fläche X zu transportieren. Somit versuche ich, die Print-Engine so klein wie möglich zu halten. Für die Endhärtung gibt es inzwischen zwei Wege: Entweder mit einem sehr leistungsstarken LED-System oder man bleibt auf der konventionellen Schiene, weil viele Farben und Tinten im Inkjet-Druck noch nicht so formuliert sind, dass sie lebensmittelkonform sind. Es ist dann einfacher, mit einer konventionellen Technologie zu arbeiten. Im konventionellen Bereich, also im Flexo- und Offsetdruck sind wir immer noch an den Anfängen der LED-Technologie. Wir sehen mehr und mehr Nachfrage, aber dort ist die Farbvielfalt einfach noch nicht so gegeben, dass jeder einfach entscheiden kann: LED oder konventionell. Viele Faktoren spielen dort eine Rolle.
Peter Plön: Der LED-Einsatz wird sicherlich in der mittelfristigen Zukunft kommen. Wir werden bezüglich der Raumtemperatur Vorteile durch die LED-Technologie haben. Das heißt, bei temperaturkritischen Materialien würde uns das sehr helfen, um ein relativ stabiles Register zu halten, da ich die Bahn einfach weniger thermisch belaste. Zum Bahnlauf: Wir werden große Gegendruck-Zylinder behalten, denn heute geht der Trend zu gekühlten Gegendruckzylindern. Eventuell kann die Kühlung mit LED-UV wegfallen. Das sind Kostenaspekte, die man dann berücksichtigen kann.
Vertiefen wir das noch einmal in Richtung digitaler Etikettendruck. Auch dort wird LED-UV stetig zunehmen. Wir benötigen jedoch spezielle Farben, Lacke, Kleber. Wie sehen Sie die Entwicklung?
Michael Bartelt: Ich denke, dass die Entwicklung fortschreiten wird. Von den Maschinenherstellern haben wir ja schon gehört, dass einiges kommen wird. Was noch hinterherhinkt, ist die Rohstoffentwicklung. Dort hat man deutlich weniger Rohstoffe zur Verfügung als im konventionellen UV-Bereich. Wenn auf dieser Seite mehr Möglichkeiten entstehen, wird es mit Sicherheit wieder einen Schritt vorwärts gehen.
Achim Herzog: Wir sehen vermehrt, dass auch der Digitaldruck in Richtung Integration der Weiterverarbeitung bzw. Veredelung geht. Wir haben die Möglichkeit, mit der LED-Technologie auch Relief-Oberflächen herzustellen oder Spotlacke zu nutzen. Mehr und mehr kommt die Anmutung von Kaltfolienprägung mit Inkjet-Druck, wo statt mit einem Flexowerk Farbe über Inkjet-Druck aufgetragen wird. Mit entsprechenden Lacken, Klebstoffen und LED-Technologie lässt sich dies aushärten.
Aufgrund der genannten Technologien haben wir ja auch im Maschinenbau einige Möglichkeiten, die wir nutzen können. Herr Heiniger, wie können Sie das in Ihren Maschinen nutzen?
Dominik Heiniger: Die Kunden befassen sich mit Energieeffizienz und wir schauen, wo die Einflussmöglichkeiten für den Maschinenbau sind. Kann man die Maschinen kompakter bauen, haben wir weniger Temperatur auf dem Substrat? Eine Frage des Bahnlaufs. Nutze ich die Gegendruckzylinder, die mittlerweile gekühlt sind? Das hat wahrscheinlich weniger Einfluss, aber die Erfahrung wird zeigen, wohin das führen wird.
Herr Herzog, Sie haben ja als Anbieter dieser Technologien sehr viel Kontakt mit den Maschinenbauern. Ich denke durch UV ohne oder mit wenig Wärmeauftrag ist auch die Einsparung diverser Aggregate möglich. Wie sehen Sie das?
Achim Herzog: Wir nutzen eine andere Härtung als die konventionelle UV-Technologie. Dort haben wir sehr aggressives UV-C-Licht, sichtbares Licht und Infrarot-Licht. Das alles haben wir bei der LED-Technologie nicht. Das heißt, ich kann den Einbau einfacher gestalten. Gerade der Wärmeeintrag ist ein wichtiger Punkt. Er macht eine Etikettenmaschine relativ aufwendig, unter anderem hinsichtlich der Kühlaggregate. Man muss sehen, inwieweit sich die LED-Technologie etabliert und Maschinenhersteller die Kühlung zurücknehmen können. Ganz herausnehmen kann ich sie nicht, weil wir immer noch ein sehr hochenergetisches Licht nutzen. Dieses Licht reagiert natürlich mit allem, was darunter liegt und es wird Wärme frei. Wir haben somit eine gewisse Grundwärme. Viel weniger als im konventionellen System, aber die Maschinenhersteller und wir als UV-Anlagen-Hersteller sind in sehr engem Kontakt. Wir versuchen, die Maschinen so zu optimieren, dass sie nachher das beste Ergebnis für den Endkunden bieten.
Herr Plön, stellvertretend für Chromos haben Sie im Nebenraum eine Codimag-Maschine. Dort ist die neue Technik verbaut. Welche Vorteile bieten sich dort?
Peter Plön: Einerseits der Bahntransport: Weil wir deutlich weniger thermische Einflüsse auf die Materialbahn haben. Die Trocknung ist vergleichbar mit einem konventionellen UV-System, es geht um die Einbringung der Temperatur auf die Materialbahn, ein entscheidender Punkt bei allen Druck- oder Härtungsverfahren. Wenn ich beispielsweise mit Heißluft arbeite, wenn ich mit 150 Grad auf die Bahnen blase, muss ich auch sehen, dass ich sie herunterkühle, um die entsprechende Formstabilität für das nächste Druckverfahren zu bekommen.
Wie stellen Sie sich im Einzelnen die Produktionsplattform der Zukunft vor? Welche Einflüsse können die neuen Technologien auf die Produktionsplattform haben?
Peter Plön: Ich habe zwei Visionen: Die erste ist, dass sich der digitale Prozess komplett in einer Druckmaschine darstellt, kombiniert mit digitalen Veredelungen, beispielsweise Laserstanzen. Die zweite Vision ist, dass es hochflexible Systeme geben wird. Wir haben heute den Digitaldruck in Hybridmaschinen. Und dieser wird entsprechend flexibel kombiniert und an verschiedenen Stellen positioniert werden können.
Dominik Heiniger: In den letzten Jahren ist kaum etwas stehen geblieben und es gibt viele neue Features, die tatsächlich funktionieren. Ich glaube nicht, dass wir uns das vor fünf Jahren hätten erträumen können. Für mich ist es schwierig, in die nächsten drei bis fünf Jahre zu schauen. Ich glaube , dass sich der Kombinationsdruck für den konventionellen Maschinenbau bei gewissen Anwendungen (Bahnen zusammenführen, Mehrlagenetiketten etc.) noch weiter verstärken wird und sehe vor allem dort in den nächsten drei bis fünf Jahren keine so große Veränderung wie in den letzten fünf oder zehn Jahren.
Achim Herzog: Bezüglich der Härtungstechnologie wird sich, gerade im Etikettenbereich, sehr viel Richtung LED bewegen. Einfach, weil es eine der Technologien ist, bei der LED sehr gut und einfach eingesetzt werden kann. Die Vorteile der LED hinsichtlich Bahnlauf, Wärmeeinbringung etc. sind so gravierend, dass es Sinn macht, die LED-Technologie zu nutzen. Auch hier wird es jetzt nicht gleich morgen und übermorgen die ersten Hersteller oder Endanwender geben, die alle ihren kompletten Maschinenpark umstellen. Auch der Digitaldruck ist eine Technologie, die additiv zu den konventionellen, anderen Drucktechnologien zu sehen ist. Das heißt, wir haben durch die Einbringung einer digitalen Eindruckeinheit in eine bestehende Maschine oder in einen Maschinenpark die Möglichkeit, das Produktportfolio zu erweitern. Dies ermöglicht Produkte, die früher nicht umsetzbar waren. Dem Hersteller und dem Markenartikler gibt sie die Möglichkeit, flexibler und schneller auf die Marktanforderungen zu reagieren.
Michael Bartelt: Ich glaube auch, dass es in den nächsten Jahren einfach viel mehr Flexibilität geben wird. Die Kombination verschiedener Druckverfahren, um einfach das Beste für das Endprodukt aus jedem Druckverfahren herauszuholen und somit das beste Verpackungs- oder Etikettenprodukt zu fertigen. Wir sagen also nicht mehr: „Ich fertige das Label im Flexodruck“, sondern „Ich will dieses Label mit diesen Anforderungen fertigen und dafür stelle ich mir meine Maschinenkonfiguration zusammen“. Das wird mit Sicherheit die Zukunft sein.
Und was bietet die Laserstanztechnologie im Etikettenbereich und welche Möglichkeiten resultieren daraus?
Benjamin Alle: Sicherlich wird sich der Bereich der digitalen Stanzen auch im Etikettendruck weiter ausweiten. Wichtig ist die Effizienz. Wir müssen schauen, dass wir in Zukunft weiterhin daran arbeiten, schlanke und smarte Produktionsstrecken aufzubauen, und nicht unnötig Ressourcen zu vergeuden. Wir wissen, dass Energie in Zukunft nicht günstiger wird, auch wir haben das bei uns festgestellt. Unsere Laser-Anlagen werden zu 100% mit erneuerbaren Energien gesteuert. Die Kunden haben gefragt, wie wir zu unserem Strom kommen und als wir das dann gesagt hatten, war das plötzlich ein großes Thema im Marketing. Wenn man sich entschließt, eine schlanke Produktion aufzubauen mit weniger Rüstzeiten, mit weniger Materialverbrauch, wenn man schneller als andere ist, wenn man effiziente Trocknungssysteme einsetzt, dann kann man dies auch in das Marketing einbauen und sich so in ein gutes Licht stellen. Effizienz ist für mich also in den nächsten drei bis vier Jahren ein ganz entscheidender Faktor.