Kommunikation per WhatsApp und anderen Messengern

Messenger-Dienste im Unternehmen – Ist das Risiko einkalkuliert? – Teil 1

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(Photo Credit: tanuha2001)

von Dr. Anke Reich, LL.M.*

Bei vielen Menschen sind WhatsApp und andere Messenger-Dienste seit Jahren ein gern und oft genutzter Weg der schnellen und unkomplizierten Kommunikation. Oftmals wird ein Häkchen zum Akzeptieren der Bedingungen schlicht bedenkenlos gesetzt, um schnell die Dienste nutzen zu können. Dies erscheint bei den meist seitenlangen Texten zwar verständlich und bequem. Allerdings werden dabei oft Pflichten übersehen, die mit der Nutzung einhergehen. Dies birgt erhebliche Risiken – nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für Unternehmen.

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(Bild: tanuha2001)

WhatsApp und andere Messenger-Dienste (z.B. Hangout, Facebook-Messenger, Threema, Viber, Skype, Wire, SIMSme) stellen Nutzern weltweit insbesondere Nachrichten-, Internet- und Telefoniedienste zur Verfügung. Sie haben mittlerweile vielfach Einzug in die Unternehmenskommunikation gehalten. Sie werden sowohl für die Kommunikation intern, d.h. zwischen Mitarbeitern untereinander sowie zwischen der Geschäftsleitung und Mitarbeitern, als auch extern, d.h. nach außen im Verhältnis zu Kunden, genutzt. Dies hat unzweifelhaft viele Vorteile, da sie eine schnelle und zumeist kostenlose Kommunikation ermöglichen. Es lauern aber auch Gefahren.

„Durch die Installation und die Nutzung werden regelmäßig die Telefonnummern von WhatsApp-Nutzern und deren sonstigen Kontaktdaten im Mobiltelefon-Adressbuch an den Betreiber (WhatsApp Inc. in Kalifornien/USA) zur Verfügung gestellt.”

Funktionsweise von WhatsApp

Die Nutzung von WhatsApp beispielsweise erfordert eine Anmeldung. Voraussetzung hierfür ist, dass insbesondere die Nutzungsbedingungen einschließlich der Datenschutzrichtlinie akzeptiert werden. In der aktuellen Version vom 25. August 2016 ist insbesondere Folgendes in verkürzter Weise festgeschrieben:

„Durch die Installation und die Nutzung werden regelmäßig die Telefonnummern von WhatsApp-Nutzern und deren sonstigen Kontaktdaten im Mobiltelefon-Adressbuch an den Betreiber (WhatsApp Inc. in Kalifornien/USA) zur Verfügung gestellt. Zudem heißt es in der WhatsApp-Datenschutzrichtlinie, dass jeder Nutzer bestätigt, dass er ‚autorisier‘ ist, WhatsApp ‚solche Telefonnummern zur Verfügung zu stellen”‘ und auch ‚andere Informationen‘ wie beispielsweise ein Profilname, ein Profilbild und eine Statusmeldung zu dem Account hinzugefügt werden können.“

Damit sichert jeder Anmelder durch das Bestätigen der Nutzungsbedingungen zu, dass er auf Grund vorheriger Zustimmung sämtlicher im Smartphone-Adressbuch gespeicherter Personen zur Weitergabe deren Daten berechtigt ist. Ob die Datenübertragung an WhatsApp zusätzlich zu den Kontaktdaten, die im Smartphone-Adressbuch gespeichert sind, auch sämtliche anfallende Metadaten (d.h. wer an wen zu welchem Zeitpunkt Inhalte mit welchen Speichergrößen und welcher Art verschickt) umfasst, lässt sich den Nutzungsbedingungen einschließlich Datenschutzrichtlinie nicht eindeutig entnehmen.

Der Beschluss des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 20. März 2017 (Az.: F 111/17 EASO), der sich eingehend mit den tatsächlichen und rechtlichen Fragen zu WhatsApp befasst hat, geht jedenfalls davon aus, dass die „bei der Nutzung anfallenden Metadaten … auch aktuell noch immer unverschlüsselt an den Betreiber WhatsApp Inc. übermittelt” werden. Weiter wird ausgeführt, dass diese Daten WhatsApp Inc. unverschlüsselt und im Klartext zur freien Verwendung zur Verfügung gestellt werden. Dadurch besteht insbesondere die Möglichkeit, noch gezielter auf die einzelnen Nutzer abgestimmte Werbung zu schalten.

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Vielfältige Regeln

Bei der Nutzung von WhatsApp und anderen Messenger-Diensten sind vielfältige Regeln zu beachten. Dies sind zum einen die vom jeweiligen Anbieter des Messenger-Dienstes aufgestellten Regeln, insbesondere die Nutzungsbedingungen einschließlich der Datenschutzbestimmungen. Diese müssen vor der Nutzungsberechtigung angeklickt werden und können ggf. auch nach der Registrierung geändert werden. Zum anderen sind die gesetzlichen Vorschriften zu beachten.

Für die rechtmäßige Nutzung von WhatsApp und anderen Messenger-Diensten ist eine Vielzahl von Regelungen einzuhalten:

  • vom Anbieter des Messenger-Dienstes aufgestellte Regeln, v.a. Nutzungsbedingungen und
  • die gesetzlichen Anforderungen aus einer ganzen Reihe unterschiedlicher Rechtsgebiete, insbesondere:
  • die Angabe von Mindestinhalten,
  • handelsrechtliche Aufbewahrungspflichten,
  • steuerrechtliche Aufbewahrungspflichten,
  • allgemeine Dokumentationspflichten, vor allem zu Beweiszwecken,
  • datenschutzrechtliche Anforderungen, insbesondere Einwilligungs­erfordernisse

sowie

  • aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Rechte des Unternehmens als Arbeitgeber (insbesondere Überprüfung der Kommunikation der Mitarbeiter als Arbeitnehmer als Teil von deren Arbeitsleistung) und entsprechende Pflichten (insbesondere Schutz- und sonstige Sorgfaltspflichten gegenüber den Mitarbeitern

Die vorstehende, nur auf die wesentlichen Vorschriften beschränkte Auflistung lässt nur folgenden Schluss zu:

„Die rechtmäßige Nutzung von WhatsApp und anderen Messenger-Diensten ist alles andere als einfach umzusetzen.“

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Dies gilt insbesondere im Unternehmensalltag, in dem die Kommunikation über Mobiltelefone nicht mehr wegzudenken ist und oftmals im direkten Gespräch mit einem Dritten oder nach einem erfolgten Anruf eines Dritten dessen Kontaktdaten im Smartphone-Adressbuch gespeichert werden. Die bei der Nutzung einzuhaltenden zwingenden Vorgaben können hier aber auf Grund der gebotenen Kürze des Beitrags weder vollständig noch tiefgründig behandelt werden. Nachfolgend sollen aber kurz die wesentlichen Punkte angesprochen werden:

a) Nach den Nutzungsbedingungen von WhatsApp und einiger anderer Messenger-Dienste hat jeder einzelne Nutzer sicherzustellen, dass jede im Smartphone-Adressbuch gespeicherte Person über die Nutzung von WhatsApp informiert ist und sie damit einverstanden ist, dass ihre personenbezogenen Daten (insbesondere Name und Telefonnummer) an den Betreiber (im Fall von WhatsApp die WhatApp Inc.) zur freien Verwendung zur Verfügung gestellt werden. Das AG Bad Hersfeld hat in dem oben bereits angesprochenen Beschluss vom 20. März 2017 für die Nutzung von WhatsApp durch Kinder ausdrücklich eine “schriftlich verkörperte Erklärung nebst Unterschrift der betroffenen Personen, bzw. bei Kindern durch deren Sorgeberechtigen” gefordert. Dieses Schriftformerfordernis für die Zustimmungserklärung ist aus den gleichen Gründen wie bei den Kindern – nämlich zwecks Klarheit und Rechtssicherheit – auch unbedingt bei der Nutzung von Mitarbeitern im Unternehmen geboten.

b) Mindestangaben

Geschäftsbriefe von Unternehmen müssen jeweils den einschlägigen gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

„Da es bei den Geschäftsbriefen nicht auf die Form ankommt, zählen dazu auch Messenger-Nachrichten, wenn sie zur geschäftlichen Kommunikation genutzt werden.“

So ist z.B. bei einem Einzelkaufmann gem. § 37 a HGB seine Firma in Übereinstimmung mit dem im Handelsregister eingetragenen Wortlaut, die Bezeichnung „eingetragener Kaufmann“, „eingetragene Kauffrau“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung, insbesondere „e.K.“, „e.Kfm.“ oder „e.Kfr.“, der Ort seiner Handelsniederlassung, das Registergericht und die Nummer, unter der die Firma in das Handelsregister eingetragen ist, anzugeben. Bei einer GmbH ist gem. § 35 a GmbH (ohne Nennung des Kapitals) die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Geschäftsführer und, sofern die Gesellschaft einen Aufsichtsrat gebildet und dieser einen Vorsitzenden hat, der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen anzugeben.

c) handelsrechtliche Aufbewahrungspflichten

Gemäß § 257 Abs. 1 HGB sind Messenger-Nachrichten aufzubewahren, wenn sie beispielsweise empfangene oder abgesandte Handelsbriefe enthalten. Handelsbriefe sind dabei gem. § 257 Abs. 2 HGB Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft i.S.d. §§ 343, 344 HGB betreffen, insbesondere auch Angebote.

„Je nach dem einzelnen Messenger-Dienst ist zu klären, ob die handelsrechtliche Aufbewahrungspflicht überhaupt eingehalten werden kann.“

Oftmals werden die Messenger-Nachrichten nur auf dem Mobiltelefon gespeichert und es besteht keine zentrale Infrastruktur. Inwieweit im Einzelfall die Möglichkeit gegeben ist, Chat-Verläufe zu exportieren und sie in einem Cloud-Speicher abzulegen oder sich per E-Mail zuzusenden, ist insbesondere mit der IT-Abteilung oder externen Experten zu ergründen. Dies gilt sowohl für einen möglichen manuellen als auch automatisierten Backup-Transfer.

d) steuerrechtliche Aufbewahrungspflichten

Gemäß § 147 AO hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung insbesondere das Recht, bei Unterlagen, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen.

„Da die Applikation von Messenger-Diensten ein Datenverarbeitungsprogramm ist und die Messenger-Daten durch dieses erstellt werden, hat die Finanzbehörde die Möglichkeit, auf das jeweilige Smartphone zuzugreifen und muss dies sogar tun, wenn es keinen Export von Chat-Verläufen gibt.“

Auch dies zeigt, dass ein automatisierter Backup-Transfer empfehlenswert ist.

e) sonstige Dokumentationspflichten

Wenn die Kommunikation über Messenger-Dienste nur auf dem jeweiligen Mobiltelefon eines Mitarbeiters gespeichert ist, fehlt dem Unternehmen insbesondere bei Rechtsstreitigkeiten – beispielsweise um die Erfüllung von vertraglichen Verhaltens-, Aufklärungs- oder Informationspflichten darzulegen und zu beweisen – ein zentraler Zugriff auf die Kommunikation mit dem Kunden. Diese Kommunikation kann sogar vollkommen verloren gehen, wenn das Mobiltelefon verloren geht oder zerstört wird oder ein Mitarbeiter die Kommunikation löscht.

„Für eine lückenlose Dokumentation unabhängig vom einzelnen Mitarbeiter empfiehlt sich daher der Export und die zentrale Speicherung beim Unternehmen selbst oder einem Server, auf den das Unternehmen zugreifen kann.“

f) datenschutzrechtliche Anforderungen, insbesondere Einwilligungserfordernisse

Da die Nutzung einiger Messenger-Dienste – insbesondere von WhatsApp – nur nach vorheriger Zustimmung aller im Smartphone-Adressbuch gespeicherten Personen hinsichtlich der fortlaufenden Datenweitergabe an den Betreiber WhatsApp Inc. rechtmäßig ist, muss jeder Mitarbeiter vor der Aufnahme in das Smartphone-Adressbuch bei jeder einzelnen Kontaktperson diese Zustimmung in diese fortlaufende Datenweitergabe an den WhatsApp-Betreiber einholen bzw. nachholen oder den Kontakt löschen.

Das Unternehmen hat als Arbeitgeber seine Arbeitnehmer über diese Handlungspflichten zu informieren, zu deren Einhaltung anzuhalten und zu kontrollieren.

„Sollte einem Mitarbeiter zudem die private Nutzung von WhatsApp erlaubt sein, sollte diese von der Einwilligung in die Kontrolle durch den Arbeitgeber abhängig gemacht werden.“

Andernfalls ist es dem Unternehmen grundsätzlich der Zugriff auf den Messenger-Account untersagt, da der Arbeitgeber nach Entscheidungen zur privaten E-Mail-Nutzung das Fernmeldegeheimnis (§ 88 TKG) wahren muss und dies auf Messenger-Nachrichten übertragbar sind.

Zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen und zur Einhaltung von datenschutzrechtlichen Verpflichtungen sollten von Mitarbeitern im Interesse der Datensicherheit nur solche Messenger-Dienste gewählt werden können, die eine sog. Ende-Ende-Verschlüsselung implementiert haben, damit der Dienst selbst nicht „mitlesen“ kann. Hier sollte in jedem Fall Rücksprache mit der IT-Abteilung oder externen Experten gehalten werden.

g) arbeitsrechtliche Rechte und Pflichten

Durch die grundsätzlich nur auf dem Mobiltelefon eines jeden Mitarbeiters erfolgende Speicherung des Chat-Verlaufs ist es schwer, die aus arbeitsrechtlicher Sicht bestehenden Rechte und Pflichten wahrzunehmen, insbesondere:

  • das Recht zu überprüfen, ob jeder Mitarbeiter seine ihm aus dem Arbeitsvertrag obliegenden Pflichten ordnungsgemäß erbringt und
  • die Pflicht, ggf. Schutz- und sonstige Sorgfaltsmaßnahmen für einen Mitarbeiter zu treffen.

Der Export und die Speicherung der Messenger-Nachrichten sind auch aus diesem Grund dringend zu empfehlen. Teil 2 finden sie in der Ausgabe 3/2018 der Etiketten-Labels.

*Dr. Anke Reich, LL.M.

ist Rechtsanwältin, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz sowie Mediatorin (CVM) – Schwerpunkt Wirtschaftsmediation – in Essen. Nach ihrer Tätigkeit in Anwaltsbüros im englischsprachigen Raum und mehrjähriger Tätigkeit in einer großen wirtschaftsberatenden Sozietät in Hamburg und Düsseldorf ist sie seit einigen Jahren in ihrer eigenen Fachanwaltskanzlei für gewerblichen Rechtsschutz tätig.

Dr. Anke Reich, LL.M.
Dr. Anke Reich, LL.M.

Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind das Marken- und Lauterkeitsrecht sowie das Urheberrecht, Internetrecht und Datenschutzrecht. Darüber hinaus ist Frau Dr. Reich als Mediatorin (CVM) – mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsmediation – zur außergerichtlichen Beilegung von Konflikten und als Dozentin bei Vortragsveranstaltungen und Vorlesungen tätig. Sie ist ferner Autorin verschiedener Veröffentlichungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums. Weitere Infos finden Sie unter www.dr-reich.com. [3764]

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