Seit Mitte 2017 gibt es mit PDF 2.0 eine neue Version des PDF-Standards. 2008 wurde die PDF-Spezifikation in der Version 1.7 von Adobe an die ISO übergeben und kurz danach als ISO 32000-1 veröffentlicht. Wir zeigen auf, welche Änderungen für die Druckvorstufe relevant sein können und wie diese vor dem Hintergrund der besonderen Anforderungen im Etikettendruck zu bewerten sind.
ISO 32000-2 oder PDF 2.0 ist nun die erste vollständig innerhalb der ISO entwickelte Version. In dem fast zehnjährigen Überarbeitungsprozess sind viele praktische Erfahrungen in Form von Erweiterungen, Klarstellungen, aber auch Streichungen („Deprecations“) eingeflossen. Viele dieser Änderungen sind auch für die Druckvorstufe relevant, in der PDF ja heute das einzige relevante Datenaustauschformat ist und daher eine ganz zentrale Rolle spielt.
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„ISO 32000-2 oder PDF 2.0 ist nun die erste vollständig innerhalb der ISO entwickelte Version.“
Es ist jedoch zu erwarten, dass die neuen Funktionen erst dann nicht nur ausnahmsweise in die Prepress-Abteilungen Einzug halten, wenn neue Versionen des auf PDF basierenden PDF/X-Standards verabschiedet sind. Bei der ISO wird bereits an PDF/X-6 gearbeitet, dessen wichtigste Eigenschaft eben genau ist, dass es auf PDF 2.0 basiert. Mit dem Erscheinen ist jedoch erst in einem bis eineinhalb Jahren zu rechnen.
Sind PDF 2.0-Dateien eine Gefahr für vorhandene Abläufe?
Diese Frage lässt sich zunächst mit „im Prinzip nein“ beantworten. PDF war schon immer erweiterbar, jede Anwendung konnte eigene Daten einfügen, die dann von Anwendungen, die mit diesen Daten nicht umgehen konnten, ignoriert wurden. Aus Sicht eines PDF 1.x-Prozessors sind die Neuheiten von PDF 2.0 genau solche Daten, die zwar nicht verwendet werden, aber die übrige Funktionsweise des PDFs nicht beeinträchtigen.
Die größte „Gefahr“ für diese Prozessoren stellt vermutlich der Versionseintrag im PDF-Header dar: Jedes PDF beginnt intern mit der Versionsnummer, gemäß der es erstellt wurde. Wenn nun ein Prozessor diesen Eintrag auswerten will und nicht darauf vorbereitet ist, dass die Versionsnummer mit 2 beginnt, könnte er deshalb die Verarbeitung abbrechen.
Ob diese Gefahr mit konkreten Geräten besteht, ist jedoch einfach zu prüfen, indem eine beliebige PDF 2.0-Datei testweise verarbeitet wird. So stellt beispielsweise die PDF Association, der internationale Verband der PDF-Anbieter, eine Reihe von PDF 2.0-Dateien zum Download zur Verfügung: https://www.pdfa.org/pdf-2-0-examples-now-available/.
„Es ist also durchaus sinnvoll, sich bereits heute damit zu beschäftigen, welche neuen Features PDF 2.0 zur Verfügung stellt.“
Ansonsten werden PDF 2.0-Dateien erst dann „gefährlich“, wenn der Ersteller PDF 2.0-Features einsetzt und erwartet, dass diese bei der Verarbeitung berücksichtigt werden. Es ist also durchaus sinnvoll, sich bereits heute damit zu beschäftigen, welche neuen Features PDF 2.0 zur Verfügung stellt. Hierzu gehören vor allem folgende Features, die für den Etiketten- und Labeldruck von Relevanz sind:
Präzisere Farbdefinitionen für Sonderfarben
Zwei neue Möglichkeiten in PDF 2.0 liefern umfangreichere Daten für Sonderfarben, die für anspruchsvolle Druckaufträge mit hohen Anforderungen an Farbgenauigkeit interessant sind. Im Etikettendruck sind das regelmäßig die Aufträge großer „Brands“, die viel Wert auf „ihre“ Farben legen. Wurde dies in der Vergangenheit häufig durch speziell angemischte Druckfarben adressiert, scheidet diese Möglichkeit im Digitaldruck vollständig aus.
„Zwei neue Möglichkeiten in PDF 2.0 liefern umfangreichere Daten für Sonderfarben, die für anspruchsvolle Druckaufträge mit hohen Anforderungen an Farbgenauigkeit interessant sind.“
CxF spektrale Messdaten und Mixing Hints für Sonderfarben in den PDF-Output-Intents bieten die Möglichkeit, zusätzliche Daten in PDF-Dateien zu übernehmen, die dann bei der Produktion zur Verfügung stehen. Das Datenformat für spektrale Messdaten in PDF ist bereits im CxF/X-4-Standard (ISO 17972-4) definiert und wurde nun in PDF 2.0 übernommen. Für jede in einem PDF verwendete Sonderfarbe können spektrale Messwerte für den Druck auf unbedrucktem Substrat und für den Druck auf schwarz vorbedrucktem Substrat eingefügt werden.
Diese Angaben können Systeme dafür nutzen, die Sonderfarben besser zu reproduzieren – zum Beispiel auf einer Siebenfarben-Digitaldruckmaschine mit CMYK plus Orange, Grün, Violett. Die auf Schwarz „überdruckten“ Messwerte ermöglichen darüber hinaus eine optimierte Simulation von sich transparent überlagernden Sonderfarben. Auch die Simulation des Drucks solcher Etiketten auf einem Proof-Gerät lässt sich mit diesen Messinformationen optimieren.
Allerdings enthält PDF 2.0 keine Vorgaben, wie die spektralen Daten zu verrechnen sind. Es stellt lediglich die Daten selbst zur Verfügung. Es gibt aber durchaus bereits einige auf das Thema Farbe spezialisierte Anwendungen, die CxF-Daten nutzen und so einen wichtigen Schritt in Richtung einer vor allem von den „Brand Ownern“ geforderten einheitlichen Verarbeitung ihrer Hausfarben – über alle Ausgabesysteme hinweg – ermöglichen.
Diese zusätzlichen Daten werden ein darauf unvorbereitetes (PDF 1.x kompatibles) System nicht aus der Bahn werfen. Um sie tatsächlich in der Produktion nutzen zu können, sind heute aber auf den Verpackungsbereich oder den Umgang mit Sonderfarben spezialisierte Colorserver notwendig, deren Anbieter die Algorithmen zur Anwendung der Spektraldaten selbst entwickelt haben und die Daten damit in proprietärer Weise umsetzen.
Black Point Compensation
Anwender, die mit Farbmanagement-Technologien vertraut sind, kennen die Black Point Compensation (BPC) als Parameter der Farbkonvertierung. Dabei handelt es sich um die Berücksichtigung der Unterschiede zwischen dem Maximalschwarz von Quell- und Zielfarbraum bei der Farbkonvertierung (in ISO 18619 standardisiert). Bislang ließ sich diese Eigenschaft der Farbkonvertierung nur „global“ – also für alle PDFs und alle PDF-Objekte – in den Farb-Engines einstellen. In PDF 2.0 ist es möglich, im PDF festzulegen, ob Black Point Compensation (BPC) zur Anwendung kommen soll oder nicht. Die Einstellung erfolgt auf Objektebene und gilt somit nicht unbedingt für das gesamte PDF. Diese Möglichkeit ist zum Beispiel dann interessant, wenn auf einem Sujet sowohl farbige Bilder als auch Hausfarben des Kunden vorkommen. In der Regel werden mit BPC bei den farbigen Bildern bessere Ergebnisse erzielt, da die Farbbeständigkeit besser erhalten bleibt. Dagegen ist es häufig sinnvoll, BPC bei Hausfarben zu deaktivieren, da die Nähe zum Original Vorrang vor den Abständen zu anderen Farben hat.
„In PDF 2.0 ist es möglich, im PDF festzulegen, ob Black Point Compensation (BPC) zur Anwendung kommen soll oder nicht.“
Aus Sicht des Etikettendrucks geht es also auch hier vor allem um mehr Kontrolle über die Farbverarbeitung. BPC ist zwar nicht neu, aber dass das Feature nun in PDF definiert werden kann, schließt eine der wenigen Lücken, die PDF im Hinblick auf die Anforderungen der Druckvorbereitung hatte. Selbst wenn die Verwendung von BPC in aller Regel sinnvoll ist, kann es, wie oben beschrieben, Ausnahmen geben. Ob eine solche Ausnahme vorliegt, kann nur der Erzeuger entscheiden. Im praktischen Einsatz sind also alle Farbmanagement-Systeme, wie der Color Server, davon betroffen. Sie müssen beim Verarbeiten von PDF-Dateien auf die BPC-Einträge achten und sind gefordert, unterschiedliche Einstellungen zu berücksichtigen.
Weitere Informationen finden Sie in der aktuellen Etiketten-Labels 1/2018.
*Dietrich von Seggern ist Geschäftsführer der callas software, internationaler Spezialist für PDF-Automatisierung in der Druckvorstufe. Nach einem Hochschulstudium für Druckereitechnik war Dietrich von Seggern als Druckvorstufenleiter tätig. Er arbeitete bereits dort in Forschungsprojekten im Bereich digitaler Druckdatenübermittlung mit und übernahm anschließend die Leitung der Abteilung für digitale Anzeigenübermittlung bei der Marketingorganisation der deutschen Zeitungsverlage (ZMG). Seit 2002 ist er bei callas software in Berlin, wo er zunächst das Produktmanagement leitete und als “Business Development Manager” die vielen OEM Kunden von callas betreute, bevor er 2016 die Geschäftsführung übernahm. [3757]