Die Gewa Etiketten GmbH in Bingen und Gau Bickelheim gehört europaweit zu den führenden Etiketten-Produzenten. Inmitten des größten deutschen Weinanbaugebietes gelegen, kommt es nicht von ungefähr, dass das Hauptaugenmerk von Gewa-Druck auf hochveredelten Etiketten für Winzer und Spirituosenhersteller liegt.
von Frank Lohmann
Seit der Gründung vor gut 85 Jahren ist Gewa fast schon der Inbegriff für Etiketten. Dabei können die Geschäftsführer der in Bingen-Büdesheim und Gau Bickelheim beheimateten „Etikettenschmiede“ den leicht überheblich klingenden Anspruch – bei Gewa heißt es nämlich: „Wir sind Etiketten!“ – quasi mit Leben erfüllen. In der Tat ist die Gewa Etiketten GmbH – der Name Gewa leitet sich von den beiden Gründern, den Gebrüdern Walter – einer der führenden Produzenten von Wein-, Sekt- und Spirituosenetiketten in ganz Europa – ab.
Das allerdings konnten die Gründer Heinrich und Franz Walter im Jahr 1931, als sie die Buchdruckerei Gebrüder Walter OHG in Bingen am Rhein, inmitten des größten zusammenhängenden deutschen Weinanbaugebietes, gründeten, nun wirklich nicht ahnen. „Heute sind wir immer noch ein Familienunternehmen und dieser Philosophie folgen wir konsequent“, berichtet Matthias Walter, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens. Den Namen Gewa-Druck gibt es seit dem Jahr 1955, als aus Gebrüder Walter OHG die Gewa-Druck wurde. Im Laufe der folgenden Jahre wurde das Angebotsspektrum der Druckerei ständig erweitert, so vor allem um die Bereiche Sekt, Spirituosen, alkoholfreie Getränke und Nahrungs- und Genussmittel.
Mehr als die reine Druckleistung
Weinetiketten waren damals nur eine Produktgruppe unter mehreren. Doch prädestinierte die geografische Lage die Gebrüder Walter dazu, das Geschäft mit den zahlreichen Winzern im Rheingau und in Rheinhessen auf eine breitere Basis zu stellen.
Gesagt, getan. Nur vier Jahre später waren die Brüder in der Lage, den kompletten Druckbedarf für Winzer selbst herzustellen, einschließlich Etikettenentwurf, was heute überwiegend eine Agenturleistung ist, und Vordruck der Labels. Gemacht wurde das mit Einzug des Offsetdrucks bei Gewa im Jahr 1956 bis zum heutigen Tag über Sammelbogen, auf denen Etiketten verschiedener Winzer zusammengestellt und so rationell gedruckt, veredelt und geschnitten werden.
In den vergangenen Jahren war immer wieder davon die Rede, dass der Drucker, will er denn sein Geschäft erfolgreich in die Zukunft führen, mehr anbieten muss als die reine Druckleistung. Das beherzigt inzwischen schon eine Reihe von Druckern. Vor diesem Hintergrund kann man sogar davon sprechen, dass die Gewa-Gründer und deren Nachfolger ihrer Zeit schon voraus waren, also im heutigen Sinne modern gehandelt haben.
Denn die Walters betrieben in den 70er-Jahren schon Werbung für die eher als Endkunden auftretenden Winzer und kümmerten sich um die Verbreitung des 1971 umfassend geänderten deutschen Weingesetzes. Das taten sie, indem sie kurzerhand das komplette Weinrecht in eine Broschüre packten und diese bis zum heutigen Tage noch zusammen mit dem Schutzverband Deutscher Wein e.V. unter dem Titel „Kurzinformation Weinrecht“ in der 29. Auflage vertreiben (anzufordern zum Beispiel bei: info@gewa-etiketten.de oder bei sdw@schutzverband-deutscher-wein.de). Damit wurde die Gewa Etiketten GmbH endlich überregional bekannt und für das Unternehmen kristallisierte sich immer stärker heraus, sich nach den Anfängen im bunten Akzidenzdruckmix eher auf das Druckgeschäft mit Nassleim- und SK-Etiketten zu verlegen.
Gibt es in Deutschland zurzeit noch tausende von Akzidenzdruckereien, so zählt der VSKE (Verband der Hersteller selbstklebender Etiketten und Schmalbahnconverter e.V.) noch knapp 400 Etikettenbetriebe, von denen vielleicht 20 noch Nassleimetiketten produzieren, die anderen selbstklebende Labels.
Digitaldruck zusätzlich
Etiketten werden überwiegend noch in konventionellen Druckverfahren (Bogenoffset-, Flexo- und Siebdruck) produziert, natürlich zunehmend auch im Digitaldruck. Doch wird der Digitaldruck seit 2014 bei Gewa so genutzt, dass man eine Reihe von Jobs, die sonst auf konventionellen Label-Druckmaschinen produziert worden wären, einfach auf die vorhandenen Digitaldruckmaschinen (HP Indigo 8000 und WS6600) umzieht. Digitaldruck in dem Sinne, dass man dessen Potenzial im Hinblick auf eine etwaige Personalisierung oder Individualisierung stärker ausschöpft, wollen die Verantwortlichen bei Gewa-Druck nicht. „Denn das würde einen sehr hohen Beratungsaufwand beim Kunden bedeuten, was zeitlich nicht zu schaffen wäre“, so Matthias Walter, der seit 1998 in der Geschäftsführung ist.
Betrachtet man nun im konventionellen Etikettendruck und im digitalen Offsetdruck (nach dem Indigo-Prinzip) hergestellte Weinetiketten, so lässt sich mit dem bloßen Auge kaum ein Unterschied feststellen. Im Digitaldruck produzierte Etiketten können genauso wie konventionell erstellte mit Blindprägung, Metallfolienprägung (Heißprägung), Reliefschnittprägung, mehreren Heißfolien, Flexometalliclackierung, Siebdrucklack etc. veredelt werden.
Vor diesem Hintergrund werden die Druckverfahren je nach Bedarf so oder so eingesetzt, also wird mal konventionell oder auch mal digital produziert. Allerdings müssen die sogenannten Echtfarben (Sonderfarben), die Kunden meistens für ihre Etiketten nutzen, im Digitaldruck nachgestellt werden. Selten kommt beim Auflagendruck das Hexachrome-Verfahren zum Einsatz, eher laufen fünffarbige Etikettenjobs, so Matthias Walter weiter.
Fragt man nach dem Exportanteil von Gewa, so bekommt man von Walter die Information, dass dieser bei knapp über 10% liege. Das liege darin begründet, dass Weinetiketten ein eher regionales Geschäft seien. Hier kommt es auf sofortige Erreichbarkeit, extrem kurzfristige Liefertermine (unter Umständen innerhalb von 24 Stunden) und Nähe zum Kunden an. „Das können wir ins Ausland nicht garantieren“, wie Walter weiter ausführt.
Die Sache mit dem Wein
Obwohl deutscher Wein im Weltmaßstab bis auf die klassische deutsche Rebsorte „Riesling“ eine eher zweitrangige Rolle spielt, kann Deutschland doch mit einigen interessanten Zahlen und Fakten aufwarten: So sitzt in unmittelbarer Nähe von Gewa Etiketten das weltweit größte Weinkontor, die Firma WIV Wein International AG (Ferdinand Pieroth GmbH, Burg Layen an der Nahe). Laut Matthias Walter war Pieroth das erste Weingut in Deutschland, das seine Weine über den Direktvertrieb verkaufte. Derzeit soll das Unternehmen nach eigenen Angaben 50 Millionen Flaschen Wein pro Jahr verkaufen (Umsatz von 460 Mio. Euro). Außerdem ist Deutschland das größte Weinimportland der Welt. Kein Land importiert mehr Wein als wir.
Beim Gang durch die Druckerei fallen dem Besucher viele ausländische Etiketten auf. „Das liegt daran, dass viele Weine in Tanklastzügen aus dem Ausland nach Deutschland gebracht werden und hier in (mit ausländischen Labels versehene und bei Gewa gedruckte) Flaschen abgefüllt werden“, so Walter weiter. Deutschland produziert etwa nur halb so viel Wein wie dort konsumiert wird. Das heißt, die Hälfte des in Deutschland konsumierten Weines wird importiert. Und davon werden zwei Drittel in Deutschland abgefüllt. Hier gibt es eine ganze Menge von größeren Betrieben, die ausländische Weine unter italienischem, französischem, spanischem, südafrikanischem, australischem oder sonstigem Label für den deutschen Markt abfüllen. Dabei füllen die ganz großen deutschen Weinkellereien alle mehr ausländische als deutsche und eigene Weine ab. So lange es gute Weine gibt, wird es auch die Gewa Etiketten geben: und das ist wahrlich eine schöne Perspektive…
Gewa Etiketten – Kurzprofil
Gründung: 1931, durch Heinrich und Franz Walter
Betriebsfläche (qm): 3.500 in Bingen
Produktionsfläche (qm): 5.000 in Gau Bickelheim
Umsatz 2014: 23 Mio. Euro
Etiketten/a (Produktion): etwa 2 Mrd.
Mitarbeiter: 170
Maschinenpark Nassleim:
Druckmaschinen (Offset): Ein-, Zwei-, Sechs- und Siebenfarbenmaschinen in verschiedenen Formaten mit insgesamt 26 Druckwerken
Neue 6-Farben-Heidelberg-Druckmaschine mit Doppellackierwerk und Inline-UV-Lackierwerk
Veredelung: Heißfolienprägung, Blindprägung und Reliefprägung, Goldbronzierung, Goldlacke
Druckweiterverarbeitung: vier Verarbeitungsstraßen mit Busch- und Polar-Stanzen und Schneidemaschinen
Maschinenpark Haftetiketten:
Druckmaschinen für Haftetiketten und Rollenoffsetdruck,
6 Gallus-Kombinationsdruckmaschinen, 2 HP-Indigo-Digitaldruckmaschinen
2 Weiterverarbeitungslinien mit Heißfolie, Blindprägung und Lackierung
Möglichkeiten: Offsetdruck, Flexodruck, Siebdruck, Heißfolie, Kaltfolie, Prägung, Stanzung, Reliefschnitt |