Sarah Kahlmann – Ich möchte eine effektive und harmonische Abteilung schaffen
von Redaktion Etiketten-Labels,
Sarah Kahlmann ist Leiterin Marketing bei etikett.de, einer Online B2B-Etikettendruckerei, spezialisiert auf selbstklebende Etiketten. Sie koordiniert Projekte im Online- sowie Offline-Marketing. Im Interview mit Etiketten-Labels erläutert sie, welche Erfahrungen sie als Führungskraft in der Etikettenindustrie gemacht hat.
Bitte beschreiben Sie kurz Ihr Unternehmen und Ihre Position.
Anzeige
Da ich die Position erst seit Beginn des Jahres innehabe, ist es nun an mir, weiter zu strukturieren und einzelne Aufgabenbereiche innerhalb der Marketingabteilung zu bilden. Zudem bin ich im Speziellen für das Content-Marketing für unsere deutsche sowie die internationalen Webseiten (FR/UK/NL/IT) zuständig.
Wie kamen Sie dazu?
Sarah Kahlmann: Ich war einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Alles begann mit dem Tipp einer Bekannten, dass bei etikett.de eine Stelle im Online-Marketing ausgeschrieben ist. Da ich nach meinem Studium wieder in meine Heimat zurückkehren wollte, passte das perfekt. Es fügte sich alles einfach zusammen und hier bin ich nun, Marketingleitung bei etikett.de. Auf meinem Weg habe ich definitiv von unserem enormen Wachstum der letzten Jahre und den bisher flachen Hierarchien profitiert. Irgendwann mussten jedoch Strukturen geschaffen werden und ich habe früh mein Interesse an einer führenden Position bekundet. Ich war schon immer ambitioniert, irgendwann eine Führungsposition in einem Unternehmen innezuhaben.
„Die Quote ist sicherlich ein guter Start und stößt die Diskussion an, denn mit Freiwilligkeit ist man bei Unternehmen in den letzten Jahren nicht weit gekommen.“
Haben Sie eine Ausbildung in der Druckbranche gemacht oder sind Sie „Seiteneinsteigerin“?
Sarah Kahlmann: Ich bin eine klassische Quereinsteigerin. Durch mein Studium des Technikjournalismus/PR an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg habe ich bereits Kommunikations- und PR-Kenntnisse sowie ein Verständnis für Technikthemen mitgebracht. Die Etikettenwelt war für mich allerdings komplettes Neuland. Hier musste ich mir erst einmal das notwendige Wissen aufbauen und lerne auch heute immer noch jeden Tag dazu. Durch unser schnelles Wachstum und stetige Neuerungen – wie neue Maschinen oder einen neuen Service – ist kein Tag wie der andere.
Thema Quote: Wie stehen Sie zu diesem Thema? Und welche Bedeutung hat die Quote in Ihrem Umfeld?
Sarah Kahlmann: Die Quote ist sicherlich ein guter Start und stößt die Diskussion an, denn mit Freiwilligkeit ist man bei Unternehmen in den letzten Jahren nicht weit gekommen. Leider habe ich die Befürchtung, dass mit dem Einführen der Quote das Thema berufliche Gleichstellung von Mann und Frau für die Politik erst einmal erledigt und abgehakt ist. Das Problem ist meiner Meinung nach viel vielschichtiger. Klar ist: Wir müssen weiter unten ansetzen und bisherige Strukturen aufbrechen. Wir müssen flexible und durchdachte Lösungen finden, die Bedingungen für Frauen schaffen, Familie und Beruf besser vereinen zu können. Hier fallen mir beispielsweise Modelle wie die Familienarbeitszeit oder auch die geteilte Führung ein. Es gibt sicherlich genug Frauen, die ambitioniert genug und bestens geeignet wären, eine Führungsposition anzunehmen, aber davor zurückschrecken, eben weil sie eine Familie haben oder planen. Dann greifen bisherige Wettbewerbs- und Einstellungsmuster und es werden bevorzugt Männer (von Männern) eingestellt. Als junge Frau finde ich es wichtig, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, denn schließlich betrifft es mich und meine Zukunftsplanung. Die Quote selbst hat in meinem Umfeld keine so große Bedeutung, vielmehr sind es die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die häufig Thema von Diskussionen sind. Ich habe schon das Gefühl, dass ich und mein Umfeld uns einig sind, dass darin das Grundproblem besteht. Ob eine Quote der passende Weg ist, das Problem zu lösen, da gehen die Meinungen sicherlich auseinander.
Haben Sie als Führungskraft schon Erfahrung damit gemacht, dass Geschäftspartner oder Kunden nicht mit Frauen in Führungspositionen umgehen können.
Sarah Kahlmann: Ja, die Erfahrung habe ich leider schon gemacht. Es geht hier weniger um offene Anfeindung, sondern eher um Äußerungen, bei denen ein gewisser Ton mitschwingt oder bestimmte Verhaltensweisen, an denen man merkt, dass man nicht ernstgenommen wird. Vor allem als junge Frau mit leitender Position wird man eher belächelt, als dass man als gleichwertige Gesprächs- oder auch Verhandlungspartnerin ernst genommen wird. Es wird einem von Vornherein Unwissenheit und Unvermögen unterstellt.
„Unternehmen sollten sich Familienfreundlichkeit mit angepassten Arbeitszeiten oder Home-Office-Möglichkeiten als eigenes Ziel setzen und erkennen, dass davon sicherlich nicht nur die Frauen profitieren.“
Worin liegen für Sie die Vorteile der Führungsposition in Ihrem Unternehmen?
Sarah Kahlmann: Die Vorteile liegen für mich vor allem darin, dass wir als Abteilung nun eigenständiger entscheiden und agieren können. Vorher hat die Geschäftsführung die finalen Entscheidungen fürs Marketing getroffen. Das ist aber heute mit der Vielzahl an verschiedenen Projekten und steigender Mitarbeiterzahl einfach nicht mehr effizient. Nun entscheiden wir als Abteilung selbst, welche Aktionen wir wie durchführen, wie wir Dinge gestalterisch umsetzen oder welche Inhalte auf der Website wir für wichtig halten. Dabei haben wir vollstes Vertrauen der Geschäftsleitung, was mich sehr freut.
Auch die Außenwirkung für Unternehmen, die Führungspositionen mit Frauen besetzen, ist nicht zu unterschätzen: Bewerberinnen sehen, dass Frauen in führenden Positionen vertreten sind, was wiederum suggeriert: „Hey, hier herrscht eine familienfreundliche Arbeitsumgebung.“ Es wird ein Anreiz gesetzt, sich auch zu bewerben. Und je mehr Frauen in einem Unternehmen arbeiten, desto familienfreundlicher wird die Arbeitsumgebung dann natürlich.
Glauben Sie das die Vereinbarkeit von Familie und Karriere auch heute noch die Hauptschwierigkeit ist, Frauen in Führungspositionen zu sehen?
Sarah Kahlmann: Ja, das sehe ich als Hauptproblem. Und dieses Problem lässt sich meiner Meinung nach auch nicht mit einer Quote lösen, zumindest nicht langfristig gesehen. Unternehmen sollten sich Familienfreundlichkeit mit angepassten Arbeitszeiten oder Home-Office-Möglichkeiten als eigenes Ziel setzen und erkennen, dass davon sicherlich nicht nur die Frauen profitieren. Die werden dadurch jedoch ermutigt, sich für Führungspositionen zu bewerben, weil sie sich eben nicht zwischen Familie und Job entscheiden müssen.
Hat Ihre Führungsposition aus Ihrer Sicht etwas an der Unternehmenskultur geändert?
Sarah Kahlmann: Mit dem starken Wachstum der letzten Jahre haben wir erkannt, dass mehr Strukturen und Abteilungsleiter notwendig sind, um weiterhin effektiv agieren zu können. Daher wurden leitende Positionen für alle Abteilungen geschaffen. Gleichzeitig möchten wir aber unsere Start-Up-Mentalität bewahren und weiterhin an der offenen Kommunikation und dem engen Ideenaustausch zwischen den einzelnen Bereichen festhalten. Ob das gelingt bleibt abzuwarten.
Haben Sie in Ihrem Unternehmen ein spezielles Fortbildungsprogramm für Mitarbeiterinnen?
Sarah Kahlmann: Bei etikett.de kann sich jede*r Mitarbeiter*in weiterbilden, unabhängig von der Abteilung oder dem Geschlecht. Denn es ist toll, Spezialisten für verschiedene Gebiete in den einzelnen Abteilungen zu haben. Ein spezielles Fortbildungsprogramm für Mitarbeiterinnen gibt es allerdings nicht.
Erfahren Sie Unterstützung von Ihren Kolleginnen/Mitarbeiterinnen im eigenen Unternehmen?
Sarah Kahlmann: Seit Beginn meiner Zeit bei etikett.de habe ich nur Unterstützung erfahren, vor allem von meinen Kolleginnen, die mich eingearbeitet haben. Aus einigen Kolleginnen sind mittlerweile sogar enge Freundinnen geworden. So geht man natürlich noch lieber zur Arbeit. Ich habe auch das Gefühl, dass unsere Mitarbeiterinnen untereinander sehr gut vernetzt sind, sich austauschen und auch gegenseitig unterstützen.
Welche Veränderungen/Verbesserungen wünschen Sie sich, um einen höheren Anteil von weiblichen Führungskräften zu erreichen?
Sarah Kahlmann:Es muss sich vor allem die bisherige Denkweise ändern: Frauen sind fähige Führungskräfte und sollten nicht als Belastung für Unternehmen gesehen werden, vor allem, wenn Sie Kinder bekommen. Stattdessen sollten die passenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es Frauen ermöglichen, solche Positionen anzunehmen. Unternehmen sollten erkennen, dass sie von gemischten Teams profitieren, denn die Diskussionskultur wird vielfältiger, es werden unterschiedlichste Meinungen abgebildet und Teams arbeiten kreativer. In meinem Umfeld habe ich schon häufiger mitbekommen, dass Frauen eher den Gedanken haben „Wenn ich Kinder bekomme, bin ich erstmal raus“ und sich mit diesem Gedanken auch abfinden (müssen). Ich finde es schade, dass Frauen so denken, aber kann es auch nachvollziehen. Denn die Voraussetzungen für Frauen, wieder in ihren Beruf einzusteigen und Kind und Job unter einen Hut zu bekommen, oder sogar die Karriereleiter weiter zu erklimmen, sind heute schlichtweg (in den meisten Unternehmen) nicht gegeben. Einen letzten Wunsch habe ich noch: Ich wünsche mir, dass sich die Diskussionskultur zu diesem Thema ändert. Ich habe schon oft die Erfahrung gemacht, dass Männer sofort abwiegeln und in einen Angriffsmodus übergehen, sobald das Thema Gleichstellung und Gleichberechtigung von Mann und Frau auf den Tisch kommt. Wir nehmen ihnen ja nichts weg, sondern fordern nur ein, was seit Jahrzehnten versäumt wurde und einer wahren Gleichstellung – nicht nur im Beruf – im Weg steht.
Wo liegen Ihre Ziele für das Unternehmen in den nächsten Jahren und eventuell die Förderung von Mitarbeiterinnen.
Sarah Kahlmann: Das mag eine absolute Idealvorstellung sein, aber ich hätte mir schon in der Schule gewünscht, dass die Talente und Fähigkeiten der einzelnen Schüler besser und vor allem individueller gefördert worden wären. Das ist auch mein Ziel für die Marketing-Abteilung: Ich möchte eine effektive und harmonische Abteilung schaffen, in der Kreativität und offene Kommunikation ganz oben stehen. Austausch mit verschiedenen Blickwinkeln kann wunderbare Dinge hervorbringen, sodass am Ende ein super Produkt entsteht. Jeder hat spezielle Talente, lasst uns diese bündeln, ausbauen und uns gegenseitig unterstützen. Denn Individualität ist etwas Tolles, von dem alle profitieren können. So können wir die Entwicklung jedes einzelnen positiv beeinflussen und auch etikett.de immer weiter vorantreiben.