Viele Druckereien haben ihren Schwerpunkt längst auf den Digitaldruck gelegt. Im Gegensatz dazu investierte Hendrik Bäumer jedoch ganz bewusst in bewährte Technik, indem er den Geschäftsbetrieb der Mönchengladbacher Druckerei „das Etikett Hartmann GmbH“ übernahm.
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Hendrik Bäumer hatte sich über viele Jahre eine Existenz als Etiketten-Produktioner aufgebaut und war damit sehr erfolgreich. 2016 ergab sich die Chance zum Erwerb einer eigenen Druckerei. Der gelernte Offsetdrucker war bereits von 2008 bis 2011 als Vertriebsmitarbeiter im Unternehmen „das Etikett Hartmann“ tätig. Von 2011 bis Ende 2016 betrieb er seine Produktionsagentur „Adhesivo Etiketten“, bis sich die Möglichkeit zur Übernahme des Geschäftsbetriebs der Etikett Hartmann GmbH ergab.
Kurzfristig wurden neue Räume gesucht und gefunden, das Unternehmen zog an seinen jetzigen Standort in Mönchengladbach und bereits seit Ende Januar 2017 wird mit zehn Mitarbeitern unter dem neuen Namen „Adhesivo Etiketten“ produziert. Der Name „das Etikett“ hingegen bleibt als Geschäftsbereich bestehen. Etiketten-Labels sprach mit Hendrik Bäumer über das neue Unternehmen, seine Pläne und Ziele.
Vom angestellten Vertriebler zum selbständigen Agentur-Unternehmer ist es kein kleiner Schritt. Wie kamen Sie zu der Entscheidung?
Hendrik Bäumer: In meiner letzten Position als Angestellter war ich im Verkauf tätig und es ergab sich zunehmend die Situation, dass wir viele Anfragen aus verschiedenen Gründen nicht annehmen konnten. Immer mehr Aufträge hatten wir über Partner realisiert und in mir kam die Idee auf, mich selbständig zu machen und ein Netzwerk mit Dienstleistern aufzubauen. So kam es 2011 zur Gründung meiner Produktionsagentur Adhesivo Etiketten.
Eine Druckerei zu übernehmen ist jedoch keine Sache, die man einfach mal so macht. Was waren die Beweggründe, nach dem Angebot wirklich zuzugreifen?
Hendrik Bäumer: Nach mehreren Jahren der Agentur-Tätigkeit wuchs der Wunsch, doch wieder mehr in die Praxis zu kommen und näher an der Produktion zu arbeiten. Zudem wurde die Situation, mit einer Produktionsagentur immer zwischen den Stühlen zu sitzen, immer schwieriger. Trotz ständiger Abhängigkeiten von Lieferanten und Dienstleistern muss die Verantwortung für das Ergebnis letztlich allein getragen werden.
Wie kam es zur Übernahme des jetzigen Unternehmens?
Hendrik Bäumer: Durch eine unglückliche Situation geriet mein ehemaliger Arbeitgeber in die Insolvenz und so suchte der Insolvenzverwalter nach einem Käufer für die Etikettendruckerei. Da ich das Unternehmen und die Struktur kannte, fiel mir die Entscheidung nicht schwer. Nachdem wir uns handelseinig geworden waren, ging alles dann sehr schnell. Zwischen Weihnachten und Silvester wurde der Umzug organisiert, am 9. Januar die neue Firma in Mönchengladbach angemeldet und gleichzeitig mit den Abbauarbeiten begonnen. Ende Januar haben wir schon wieder am neuen Standort gedruckt. Inklusive der Feiertage hatten wir „nur“ fünf Wochen Produktionsausfall zu beklagen. Aufträge, die in der Zwischenzeit aufgelaufen waren, wurden an den darauffolgenden Wochenenden durch zahlreiche Überstunden abgearbeitet. Zum Glück haben nahezu alle betroffenen Kunden größtes Verständnis gezeigt und viel Geduld aufgebracht.
Wie sieht ihr aktuelles Produktionsspektrum aus?
Hendrik Bäumer: Wir haben Aufträge aus nahezu allen Bereichen – von der Schokoladen-Manufaktur bis zum Mineralölhersteller – vorwiegend kleinformatig bis 180 mm Druckbreite in kleinen bis mittleren Auflagen und aus vielen Nischengebieten. Die Produkte sind häufig aufwändig gestaltet und mit Veredelungen wie Blind- und Heißfolienprägungen versehen. Unsere Kunden setzen sich aus vielen Bereichen zusammen, in denen sehr oft individuelle Produkte gefragt sind. Im Bereich Buch- und Prägedruck beliefern wir vor allem Kunden aus dem Einzelhandel, wie Konditoreien oder auch kleinere Lebensmittelmanufakturen. Im Siebdruck stellen wir vor allem Industrie- und Sicherheitsetiketten her.
Siebdruck, Buchdruck und Prägedruck stellen eine interessante Kombination dar. Reicht das?
Hendrik Bäumer: Oh ja, wie erwähnt, benötigen unsere Kunden sehr oft herausragende Etiketten mit haptischen Effekten. Dazu gehören Produkte aus goldenen oder silbernen Materialien mit Blindprägung und/oder Heißfolienprägung. Nahezu alle Aufträge werden mit HKS-, oder Pantonefarben gedruckt. Insgesamt nimmt der Bereich der Etiketten mit einem hohen Aufwand an Gestaltung und hochwertiger Ausführung einen sehr großen Anteil an der Produktion ein. Dennoch fertigen wir auch Industrie-Etiketten mit hohen Ansprüchen an die Lichtechtheit, Wetterbeständigkeit oder Resistenz gegenüber Substanzen wie Fetten, Ölen und Benzin. Dafür eignet sich unsere aktuelle Produktionsstruktur sehr gut.
Werfen wir einen Blick in die Technik. Wie und mit welcher Technik arbeiten Sie?
Hendrik Bäumer: In der Vorstufe verfügen wir über die gängige Hard- und Software zur Bearbeitung der angelieferten Daten und Erstellung eigener Designs. Für die Filmbelichtung arbeiten wir mit einem lokalen Dienstleister zusammen. Filme benötigen wir, da wir unsere Sieb- und Buchdruckformen noch konventionell selbst herstellen. Die Stanz- und Prägewerkzeuge bestellen wir bei einschlägig bekannten Lieferanten. Im Druck produzieren wir auf vier Gallus-Maschinen, basierend auf der T 180. Dazu gehören eine Vierfarben-Buchdruckmaschine, eine Zweifarben-Buchdruckmaschine, eine Zweifarben-Buchdruckmaschine mit zwei zusätzlichen Blind- und Heißfolienprägeeinheiten sowie eine Dreifarben- Siebdruckmaschine. Im Buchdruck arbeiten wir mit UV-Farben, im Siebdruck verarbeiten wir lösemittelbasierende Farben. Der Vorteil der gemeinsamen Basis-Technologie ist, dass wir unsere Stanzwerkzeuge und alle Materialien auf allen Maschinen verwenden können. Der Bestand unserer Stanzformen liegt momentan bei etwa 8000 Stück, so dass wir sehr schnell auf die unterschiedlichsten Kundenwünsche reagieren können. Zusätzlich zu den Druckmaschinen verfügen wir noch über einen Querschneider für Bogenetiketten sowie über einen Längsschneider für Rohmaterialien.
Alles in allem ist ihr Unternehmen eher konventionell ausgestattet und ausgerichtet. Gehört das zum Konzept?
Hendrik Bäumer: Ja, gerade das hat mich fasziniert. Mit unserer Ausrichtung bedienen wir im Prinzip viele kleine Nischen, können aber auch „ganz normale“ Aufträge produzieren. Ich verfolge ein wenig die Strategie „gegen den Strom“, ohne die aktuellen Entwicklungen zu den Augen zu lassen. Auf jeden Fall sind wir zurzeit weder von einem großen Kunden, noch von einer bestimmten Branche komplett abhängig.
Wie gehen Sie die Anforderungen der Zukunft an? Welche Pläne gibt es?
Hendrik Bäumer: Nachdem wir hier alles wieder so laufen haben, wie es sein sollte, kümmern wir uns um die Optimierung der Ablauforganisation, sowie dem Angebots- und Auftragswesen. Wir werden in Kürze eine neue Software für die Auftragsbearbeitung einführen und den Workflow optimieren. Dazu stehen die Entwicklung neuer Vertriebswege und die Zusammenarbeit mit neuen Partnern an. Ab August wird bei Adhesivo dann erstmals ein Drucker ausgebildet. Darüber hinaus wollen wir stärker als Dienstleister für andere Etikettendrucker tätig sein und unsere Kompetenz im Sieb- und Prägedruck zur Verfügung stellen. Schon heute drucken wir für einige Partner, die selber einmal T180- Maschinen hatten und uns ihre Aufträge samt Stanz- und Prägewerkzeugen zukommen lassen.
Ist trotz der konventionellen Ausrichtung und der Nischenstellung das Thema Digitaldruck für Sie interessant?
Hendrik Bäumer: Aber natürlich. Auch wir haben viele Aufträge, die sich mit der vorhandenen Technik nicht optimal und wirtschaftlich produzieren lassen. Zudem nehmen die Wünsche der Kunden nach kürzeren Terminen zu. Der Digitaldruck würde es uns ermöglichen, bestimmte Produkte, die wir derzeit an externe Dienstleister geben, selbst zu produzieren. Mittelfristig steht daher auch die Investition in den Digitaldruck an. Hier müssen wir jedoch noch den Markt sondieren und die für uns geeignete Lösung finden. Mit der reinen Maschineninvestition ist es ja nicht getan. Auch Vorstufe, Workflow und Weiterverarbeitung müssen entsprechend angepasst werden. Alles in allem hat Adhesivo hier eine Basis, die durch ihre Besonderheit und trotz alter Technik zukunfts- und ausbaufähig ist. Zusammen mit den weiteren Plänen sehe ich einer erfolgsversprechenden Zukunft entgegen.