Seltsame Überschrift, finden Sie nicht auch? Was hat sie mit der Labelexpo Europe 2023 zu tun? Die Aussage ist der Kampagne des Veranstalters entnommen. Ein Kommentar von Klemens Ehrlitzer.
Im Internetauftritt zur ersten Messeausgabe nach Jahren einer weltweiten Corona-Pandemie und mehreren Absagen und Verschiebungen finden sich reihenweise Slogans wie: „Entdecken Sie den Stoff, aus dem Helden gemacht sind!“ oder „Stehen Sie Schulter an Schulter mit den ganz Großen!“ Der Video-Trailer trägt den Titel „Die modernen Legenden des Drucks“. Nach dem Ansehen stehe ich vor dem Rätsel, was ich daran modern finden soll. Lösen diese Marketing-Maßnahmen bei Ihnen Interesse an einem Messebesuch aus? Bei mir nicht! Sie wecken bei mir eher Assoziationen von epischen Schlachten à la Herr der Ringe. Das Versprechen der Labelexpo-Macher, „Zeuge von Hunderten Live-Vorführungen bahnbrechender Maschinen und wegweisender Produkteinführungen von weltweit führenden Herstellern zu werden“, macht die Sache kein bisschen besser.
Anzeige
Aktives Netzwerken
Falls an dieser Stelle bei Ihnen der falsche Eindruck entstanden sein sollte, ich hätte vor allem Spaß am Kritisieren, dann muss ich das dringend korrigieren. Als Geschäftsführer eines Fachverbandes wie dem VskE bin ich ein vehementer Verfechter des aktiven Netzwerkens. Und internationale Messen wie die Labelexpo in Brüssel, die sich über Jahrzehnte zu einem Magnet für die globale Etikettenbranche entwickelt hat, sind dafür geradezu ideale Plattformen. Weil wir die elementar wichtige Möglichkeit zur persönlichen Kontaktpflege so lange Zeit vermissen mussten, habe ich eine eindeutige Empfehlung an die gesamte Etikettenindustrie: Nutzen Sie bitte jede Chance, um sich mit möglichst vielen Personen in der Branche zu vernetzen! Fachmessen sind dafür gut geeignet. Gleiches gilt für Tagungen oder Kongresse nationaler und internationaler Fachverbände. Wir brauchen den persönlichen Kontakt, egal ob in Brüssel, Wien oder Würzburg.
Alles im Wandel
Allerdings muss ich meine eingangs formulierte Anmerkung an die Verantwortlichen bei Tarsus nochmals aufgreifen. Die Kommunikation der Labelexpo-Organisation lässt wenig Bereitschaft erkennen, die Bedürfnisse der Kunden ernst zu nehmen. Neben den schon erwähnten Botschaften zur Vermarktung der Messe zeigt sich das auch am Beispiel des Standortwechsels von Brüssel nach Barcelona, der viele ausstellende Firmen überrascht hat. Wir erleben, wie sich die Daseinsberechtigung von Messeveranstaltungen in den letzten Jahren stark wandelt. Eine Entwicklung, die von der Corona-Pandemie als Katalysator noch extrem beschleunigt wurde. Heute genügt es nicht mehr, möglichst vielen Ausstellern einen Marktplatz zu bieten, auf dem Produkte und Dienstleistungen gleichzeitig an einem Ort präsentiert werden, um so Besucher anzulocken. Das mag in den Zeiten ein erfolgreiches Geschäftsmodell gewesen sein, als für die meisten Etikettendruckereien noch die Frage im Vordergrund stand, in welche Technik sie investieren sollten, um Produktivität und Profit zu steigern.
Auf der Suche nach Lösungen
Im Jahr 2023 brennen der Industrie jedoch vollkommen andere Fragen auf den Nägeln. Sie ist intensiv auf der Suche nach Lösungen in den Bereichen Nachhaltigkeit (auch Messe-Organisationen sollten ihren CO2-Fußabdruck reduzieren), digitale Transformation, Einfluss durch neue Gesetze, Verfügbarkeit von Fachkräften, Sicherheit von Lieferketten, Konkurrenz zur Etikettentechnologie u.v.m. Vor diesem Hintergrund sind Messen wenig hilfreich, die sich in erster Linie auf das angestaubte Konzept konzentrieren, ein großes Schaufenster für Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Diese Art von Veranstaltungen haben keine Zukunft, auch weil die Industrie in jüngster Zeit viel über alternative Modelle zur Vermarktung gelernt hat, wie die wachsende Zahl digitaler Workshops, virtueller Veranstaltungen oder Hausmessen belegt.
Was wir dringend brauchen, ist eine zukunftssicher aufgestellte Etikettenindustrie. Nur so kann die Branche weiterhin erfolgreich sein. In diesem Sinne wünsche ich allen Ausstellern und Besuchern – und vor allem auch Tarsus – eine möglichst kommunikative Labelexpo. Auf dass viele starke Netzwerke mit engagierten Menschen entstehen, die bereit sind, die Ärmel hochzukrempeln und gemeinsam die oben aufgezeigten Herausforderungen anzupacken.