Außergewöhnliches Etikettendesign funktioniert wie ein trojanisches Pferd. Verblüffend und attraktiv anzusehen, ist es kompromisslos auf Eroberung ausgelegt. Marken setzen bei Etiketten verstärkt auf den Siebdruck, da er mit außergewöhnlichen, exklusiven Designeffekten vielfältige Möglichkeiten bietet, einen Kaufanreiz zu setzen. Was im Siebdruck alles möglich ist, zeigt ein Besuch bei Gallus im Geschäftsbereich Siebdruck in Herisau (Schweiz). Ein Bericht von Dieter Finna.
Was Siebdruck-Effekte so attraktiv macht, lässt sich am menschlichen Reizempfinden anschaulich nachvollziehen. Die visuelle Erfassung liegt mit 58% an erster Stelle unserer Reizempfindung. Gelangt ein Produkt in Greifnähe, lässt sich über den Tastsinn das Sinneserlebnis um weitere 25% steigern. Weil beide Sinne entscheidende Kaufimpulse am Point of Sales geben, setzt das Etiketten- und Verpackungsdesign gehobener Marktsegmente auf sogenannte Premium-Effekte, die gezielt diese Sinne ansprechen. Der rotative Siebdruck bietet die vielfältigsten Möglichkeiten, diese drucktechnisch umzusetzen. Das erklärt auch das konstante Wachstum des Siebdrucks, oft in neuen Anwendungsbereichen.
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Marktsegmente
Typische Marktsegmente, in denen der rotative Siebdruck eingesetzt wird, sind vor allem Etiketten in den Anwendungssegmenten „Personal Care“ sowie „Beverage”, hier vor allem bei Wine&Spirits sowie Premium-Water. Aber auch andere Segmente wie „Household“ und „Food“ weisen beeindruckende Beispiele auf. Stark im Kommen, gerade bei Getränken, sind Clear-on-Clear-Anwendungen. Sie erlauben der Etikettengestaltung ein Spiel aus Opazität und Transparenz, verbunden mit farbigen Reizen und taktilen Elementen. Die angeführten Beispiele aus diesem Bereich zeigen beeindruckende Etiketten im „No-Label-Look“ oder „Clear-on-Clear“ Labels, wie Druckdienstleister sie nur mit hohem Siebdruck-Anteil erzielen können.
Außergewöhnliche Etikettendesigns
Beispielsweise das „No-Label-Look“ Etikett LIFEWTR ist 12-farbig gedruckt. Durch die außerordentliche Opazität des Siebdruck-Weiß können Consumer das Markenlogo auch durch die Rückseite der transparenten Flasche hindurch lesen. Die farbigen Reize der Grafik strahlen auch aus dieser Perspektive, besonders in Kombination mit transparenten Elementen. Taktile Elemente auf der Oberfläche verleihen der Flasche zusätzlich außergewöhnliche haptische Reize. Ein absolut außergewöhnliches Etikett, designt für eine transparente Kunststoff-Wasserflasche.
Auch das Wodka-Label „El Drago Rojo“ lebt von seinen haptischen Elementen, die über einen transparenten Lack auf dem Clear-on-Clear Label erzeugt werden. Die intransparenten Motivteile sind mit Siebdruck Weiß hinterlegt, das satte Rot und Gold im Siebdruck aufgetragen. Die Metall-Relief-Effekt auf dem Tubenlaminat Infusion Care entsteht durch das sogenannte „Metallic Doming“. Dazu wird eine Klebeschicht im Rotationssiebdruck aufgetragen, über die eine Heißfolie mit einer Gummiwalze aufkaschiert wird. Druckbilder lassen sich so selbst auf Kunststofffolien mit einem bleibenden metallischen Relief herstellen.
„Stark im Kommen, gerade im Beverage Segment, sind Clear-on-Clear Anwendungen.“
Heinz Brocker, Gallus Geschäftsbereich Siebdruck
Die passende Siebdruckeinheit
Der Siebdruck, mit seiner Bandbreite an Veredlungsmöglichkeiten, ergänzt andere Druckverfahren im Etikettendruck. In der Regel sind dies Flexo- und Offsetdruck, teilweise auch Buch- und Tiefdruck. Das heißt vom Prozess her müssen die benötigten Siebdruckwerke in der Druckreihenfolge von Schmalbahnmaschinen dort eingesetzt werden können, wo sie für die Umsetzung des Designs nötig sind. Das variiert von Auftrag zu Auftrag.
Ein entscheidender Faktor, um Siebdruck wirtschaftlich einzusetzen, ist darum die schnelle Wechselbarkeit der Druckprozesse bei der Ausführung eines Auftrages. Im Etikettendruck haben sich Maschinensysteme, bei denen sich die Siebdruckwerke auf der gleichen Prozessebene mit den Druckwerken anderer Druckverfahren befinden, besonders bewährt.
Dies hat den Vorteil äußerst kurzer Prozesswechselzeiten und Bahnwege. Gallus beispielsweise entwickelt für jeden Maschinentyp das eigens dazu passende Siebdruckwerk als integrative Lösung, die die Druckfunktion der Basismaschine nutzt. Über unterschiedliche Schablonenringe, auf die die zur Rundform verschweißten Druckplatten geklebt werden, hat das Entwicklungsteam sie dem Antriebssystem der verschiedenen Maschinen angepasst.
„Die benötigten Siebdruckwerke müssen in der Druckreihenfolge dort eingesetzt werden können, wo sie für die Umsetzung des Designs benötigt werden.“
Wird Siebdruck verwendet, so sind in eine Etikettendruckmaschine in der Regel zwei Siebdruckeinheiten integriert. Es gibt Anwendungen, bei denen bis zu sechs, in außergewöhnlichen Fällen sogar bis zu zehn Siebdruckwerke zum Einsatz kommen. In allen Fällen liegt der Fokus stets auf schnellen Einrichtezeiten, geringer Anlaufmakulatur und dem Erreichen einer hohen Druckgeschwindigkeit
Siebdruckplatten
Seit Jahrzehnten schon unterstützt die Gallus Ferd. Rüesch AG Etikettenhersteller in aller Welt bei der Umsetzung ausgefallener Etiketten-Designs. Die unterschiedlichen Effekte im Siebdruck setzen ein umfangreiches Plattenportfolio voraus. Gallus hat bei den Screeny Siebdruckplatten bereits die dritte Generation auf dem Markt, die sich in ihrer Wiederverwendbarkeit und Lebensdauer kontinuierlich weiter entwickelt. Ein Merkmal bei der Plattenauswahl ist ihre Steifigkeit, die die Auflagenbeständigkeit maßgeblich beeinflusst. Ist diese definiert, unterscheiden sich die Plattentypen in der Plattendicke, die entscheidend für die übertragene Farbschicht sowie die Auflösung ist. Gleichzeitig steuert die Maschenzahl die mögliche Motivfeinheit. So lassen sich Raster- und feinste Strichmotive, Kombinationen von Strich- und Flächenmotiven, grobe Flächenmotive oder auch Reliefdruck mit taktilen Elementen umsetzen.
Premium erobert auch Massenprodukte
Vieles, was außergewöhnliches Etikettendesign ausmacht, gleicht dem Vorgehen in Troja. Am Marktplatz, heute „Point of Sales“ genannt, gilt es für das etikettierte Produkt zunächst, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, dem Konsumenten etwas optisch Beeindruckendes zu bieten. Ist dies gelungen, kommt der Überraschungseffekt. Außergewöhnliche Etikettendesigns bieten im zweiten Schritt den Premium-Effekt, durch haptische Elemente oder besondere Designeffekte. Schon ist der Kaufanreiz gesetzt.
Dass bekannte oder zu entwickelnde Marken darauf setzen, überrascht nicht. Noch origineller ist es, wenn es in Segmenten angewendet wird, in denen man es nicht erwartet. Kürzlich gesehen bei einem großen Schweizer Retailer, der seiner Brotverpackung einen Premium Touch im Siebdruck verlieh. Und ein Indiz dafür, dass der Siebdruck auch Massenprodukte erobern kann, wenn es darum geht, sich aus der Masse hervorzuheben. [9743]