Preissteigerungen machen der Branche zu schaffen

Verschärfte Kostensituation durch Rohstoffengpässe

Grafik VskE Preissituation
Bereits in 2017 waren signifikante Preiserhöhungen zu verzeichnen, auch in 2018 ist weiter mit zahlreichen Steigerungen zu rechnen (Quelle: VskE)

Der Markt für Haftetiketten verzeichnet seit Jahren ein stetiges Wachstum. In Europa lagen die Zuwachsraten in den letzten fünf Jahren durchschnittlich im Bereich von 5 %. Das belegen die Verbrauchszahlen für Haftmaterial, die vom internationalen Verband FINAT regelmäßig ermittelt werden.

von Klemens Ehrlitzer*

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Selbst vergleichsweise gesättigte Märkte wie Deutschland, Österreich und die Schweiz konnten in den letzten Jahren ein Wachstum realisieren, das deutlich über dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag. Erfolgreiche Wachstumssegmente mit großem Volumen sind beispielsweise Etiketten für Konsumgüter mit gestrichenen Papieren als Obermaterial, Thermodirekt-Etiketten für den Online-Handel und die Logistik-Branche sowie Folienetiketten für die Produktdekoration, insbesondere auf der Basis von Polypropylen für Anwendungen mit dem so genannten No-Label-Look.

Grafik VskE Preissituation
Bereits in 2017 waren signifikante Preiserhöhungen zu verzeichnen, auch in 2018 ist weiter mit zahlreichen Steigerungen zu rechnen (Quelle: VskE)

Für 2018 melden nahezu alle Wirtschaftsinstitute weiterhin sehr gute Konjunkturaussichten. Der private Konsum, der einen wesentlichen Einfluss auf den Bedarf von Haftetiketten hat, wird nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin von der nach wie vor positiven Arbeitsmarktentwicklung profitieren. Gleichzeitig veranschlagt das ifo Institut für das Jahr 2017 einen Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts von 2,3 %. Für das laufende Jahr erwarten die Münchner Experten ein BIP-Wachstum von 2,6 % und für das Jahr 2019 immer noch starke 2,1 %.

Die Kehrseite der Entwicklung

Übertroffen werden diese Zahlen Jahr für Jahr von den oft zweistelligen Zuwächsen im Online-Handel, die den Bedarf an Haftetiketten besonders anheizen. An dieser Stelle beginnt sich die Kehrseite der hohen Nachfrage abzuzeichnen. Der KEP-Markt (Kurier, Express, Pakete) erlebt dadurch einen Boom, bringt gleichzeitig jedoch die Kapazitäten des Verkehrssektors an seine Grenzen. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) verweist darauf, dass der kontinuierliche Anstieg von Ladungsmengen auf ein eher stagnierendes Arbeitskräfteangebot trifft, was spürbare Auswirkungen auf Lieferprozesse hat. Das führt aktuell zu ungewohnten Verzögerungen in der Logistik und bleibt nicht ohne Konsequenzen für das Kosten- und Preisniveau in den Logistikmärkten.

„Deutlicher als die Frachtsituation nimmt jedoch die angespannte Situation bei verschiedenen Rohstoffen derzeit Einfluss auf die Lieferkette der Etikettenindustrie.“

Angespannte Situation bei Rohstoffen

Noch deutlicher als die Frachtsituation nimmt jedoch die angespannte Situation bei verschiedenen Rohstoffen derzeit Einfluss auf die Lieferkette der Etikettenindustrie. Ein großer Kostentreiber auf dem Papiersektor sind aktuell die Zellstoffpreise. Weltweit haben im vergangenen Jahr alle namhaften Produzenten ihren Preis pro Tonne zum Teil sogar mehrmals angehoben. Gleichzeitig kam es auf dem Markt aufgrund der hohen Nachfrage bei bestimmten Zellstoffqualitäten zu einer Verknappung.

Die höheren Marktpreise für Obermaterialien auf Papierbasis sowie Papierträger sind logischerweise nicht ohne Folgen für die Etikettenbranche geblieben. Auch andere Marktsegmente der Verpackungsindustrie sehen sich mit drastisch steigenden Rohmaterialkosten konfrontiert. So verweist der Fachverband Faltschachtel-Industrie (FFI) beispielsweise neben den hohen Preisen für Zellstoff auch weitere Rohstoffe wie Stärke und Titandioxid, die sich in einem gleichzeitigen Kostenzuwachs bei Klebstoffen sowie Druckfarben und Lacken niederschlagen.

„Höchststände haben im Herbst 2017 auch die Preise für Pigmente und Lösemittel erreicht.“

Speziell die Preise für Hotmelt-Komponenten sind 2017 im Vergleich zum Vorjahr im zweistelligen Bereich gestiegen. Höchststände haben im Herbst 2017 auch die Preise für Pigmente und Lösemittel erreicht, wie der Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL) meldet. Demnach seien Lösemittel um rund 15 % teurer geworden und der Preis für Titandioxid seit Sommer 2016 sogar um knapp 40 % gestiegen.

Ein besonders starker Kostenanstieg ist zudem bei Thermodirektpapier zu beobachten. Eine der Hauptursachen dafür ist die globale Marktsituation bei Leukofarbstoffen, einem wichtigen Bestandteil für Thermo- und Selbstdurchschreibpapiere. Der überwiegende Teil der weltweiten Produktionskapazitäten konzentriert sich auf vier chinesische Hersteller. Bei zwei dieser Unternehmen wurde die Produktion auf behördliche Veranlassung in den letzten Monaten über längere Zeiträume stillgelegt.

Signifikante Preisanpassungen

Vor diesem Hintergrund haben sämtliche Lieferanten von Haftverbunden ihre Kunden seit Mitte 2017 über signifikante Preisanpassungen in einer Größenordnung von bis zu 8 % informiert. Dies ist auch deutlich sichtbar im Materialkostenindex (abgekürzt Maki) ablesbar, den der Verband der Hersteller selbstklebender Etiketten und Schmalbahnconverter e.V. (VskE) vierteljährlich mittels einer Online-Umfrage zur Entwicklung der Kosten im jeweils zurückliegenden Quartal unter seinen Mitgliedern ermittelt. Seit Anfang 2015 ist der VskE-Maki öffentlich zugänglich. In dieser Zeit wies die dort dokumentierte Entwicklung für acht typische Beispiele von Materialkombinationen sowie für Druckfarben und Energie stets moderate Veränderungen auf.

Trend nach oben

Beginnend im ersten Quartal 2017 war erstmals mehr Bewegung als üblich zu beobachten, und im zweiten Quartal zeigte die Kostenentwicklung einen deutlichen Trend nach oben, wie VskE-Geschäftsführer Klemens Ehrlitzer während der Herbsttagung im November in Göttingen berichtete. Im vierten Quartal hat sich die Tendenz der letzten Monate noch einmal verstärkt, so dass im Beispiel der thermosensitiven Etiketten allein im Verlauf der letzten drei Quartale eine durchschnittliche Kostenzunahme von fast 6 % zu verzeichnen war. So positiv das Marktwachstum bei Haftetiketten auch sein mag, so sieht Klemens Ehrlitzer aufgrund der beschriebenen Begleitumstände für die VskE-Mitglieder doch große Herausforderungen, die es in diesem Jahr zu bewältigen gibt. [3759]

Kommentar: Es geht aufwärts – aber leider mit den Einkaufspreisen

Thomas Hagmaier

Was ist los am Etikettenmarkt? In den letzten Monaten erreichten uns zunehmend Briefe mit Aussagen wie:

  • „…wie Sie bereits aus den Medien erfahren haben, ist der Markt zu Zeit in Unruhe geraten…“
  • „…lange realisierte man nicht, wie stark sich die Belastung entwickelte…“
  • „…Der Druck in verschiedenen Rohmaterialsegmenten, steigende Transportpreise im europäischen Markt und eine insgesamt anhaltend inflationäre wirtschaftliche Lage beeinflussen die Kosten für Haftmaterial deutlich…“
  • „…die Ursache liegt in der hohen Auslastung innerhalb der Supply Chain und die hohe globale Nachfrage“…

Zwei Preiserhöhungen gab es 2017 schon und weitere, fast aller Hersteller, kommen nahezu täglich dazu. Und das meist gleich mit der Aussage: in 2018 geht es weiter. Das sind ja tolle Aussichten! Vorsichtige Ankündigungen unsererseits an unsere Kunden im Laufe des letzten Jahres wurden abgewimmelt, nicht akzeptiert.

Thomas Hagmaier
Thomas Hagmaier, Geschäftsführer Hagmaier Etiketten & Druck GmbH, Münsingen (Quelle: Hagmaier)

Gut, die paar Prozent konnte eine gesunde Firma bisher noch vertragen, doch was uns jetzt bevor steht  ist keine Spaß oder nur eine kleine Korrektur. Es geht um`s Eingemachte. Es geht um Rentabilität oder Verlust – und  auf dieser Gradwanderung wird es zugig werden. Gibt es doch tatsächlich Materiallieferanten, die keinen Cent und keine Kommastelle von den vorgegebenen Erhöhungen abweichen wollen. Ist das fair, ist das der Preis für die langjährige Treue?

Oder sind bewusst bei manchen Zulieferern Leute in den Ring geschickt worden, die sowieso nur das Sprachrohr aus der obersten Etage sind und ausbaden müssen, was ganz oben entschieden wird?  Denn, ist es nicht einfacher das, was noch übrig bleibt, nach Asien zu verkaufen und fertig – nur so ein Gedanke… Künstliche Engpässe, bewusst erzeugte schwierige Beschaffungspolitik. Der Gedanke an eventuelle Absprachen ist da nur schwer zu unterdrücken.

Liebe Kollegen, wie gehen Sie damit um, wenn Kunden Zweijahres-Abschlüsse fordern, wenn die üblichen Abrufaufträge mit 12 Monaten Laufzeit wieder verlängert werden sollen? Oder sind Ihre Margen so gut, dass sie das alles wegstecken können. Werden Sie still halten oder die Preise erhöhen? Werden Sie vielleicht auch aus fernen Ländern Material beziehen um ein paar Cent zu sparen? Es wäre toll, wenn zu diesem Thema einige Kommentare folgen würden. Gemeinsam ist das besser zu ertragen.

Kommentar: Der Dominoeffekt – China ist gar nicht so weit weg

Herbert Koch

Wir stehen als Hersteller von Packmitteln für die Pharma-/Healthcareindustrie in einer Sandwichposition. Die Hersteller von Karton, Papier und Haftmaterial erhöhen die Preise und uns gelingt es nicht, diese Kostensteigerung in vollem Umfang und nur zeitlich verzögert an unsere Kunden weiterzugeben.

Herbert Koch
Herbert Koch, Vice President Sourcing Infrastructure, August Faller GmbH & Co. KG, Waldkirch (Quelle: Faller)

Die Zellstoffpreise stiegen im 2. Halbjahr 2017 rasant auf aktuell 1090,-US$/to, dadurch steigen wiederum die Preise für Karton, Papier sowie Glasine. Diese Preiswelle ist auch bei den Herstellern von Haftmaterial angekommen und bereits in mehreren Schritten an die Etikettenhersteller weitergegeben worden. Dabei ist dies nur ein Teil der Herausforderung: Angebot und Nachfrage treiben die Preiswelle, was bedeutet, dass ein hohes Augenmerk auf die Sicherstellung der Versorgungskette zu richten ist, um Kunden zuverlässig bedienen zu können.

Die Ursachen sind vielfältig. Zwei Beispiele mögen dies verdeutlichen: Der KEP-Markt wächst mit 7% pro Jahr und beschert den Herstellern von Wellpappkarton sowie Etiketten ein anhaltendes Wachstum. China reduziert im Zuge seiner Umweltpolitik den Import von Altpapier und löst damit einen weltweiten Mehrbedarf von Zellstoff aus. [3759]

* Klemens Ehrlitzer ist seit 1984 in der Druckindustrie journalistisch tätig und war als Redakteur für die redaktionellen Inhalte verschiedener Fachzeitschriften zuständig. Im Jahr 1993 gründete er das Redaktionsbüro Flexible Kommunikation. Parallel zu seiner journalistischen Tätigkeit ist Ehrlitzer seit 2008 Geschäftsführer des VskE (Verband der Hersteller selbstklebender Etiketten und Schmalbahnconverter e.V.).

 

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