So sehe ich das

Rückverfolgbarkeit und Chancen durch Produktdigitalisierung – Konsumenten sind die wesentlichen Treiber

Securikett_Marietta-Ulrich-Horn
Dr. Marietta Ulrich-Horn, Geschäftsführerin Securikett, Münchendorf (A) zur Problematik der Produktdigitalisierung und Identifizierbarkeit (Quelle: Securikett)(Photo Credit: © Alexander Wieselthaler | Stills & Emotions)

Produktdigitalisierung beginnt mit der einmaligen Identifizierbarkeit von Produkten, Verpackungseinheiten oder Chargen. Der digital gedruckte „Unique Identifier“, die einmalige Seriennummer oder der einmalige Sicherheitscode sind die Grundlage. Dabei ist es egal, ob inline beim Drucken gleich vor-codiert oder im Nachhinein beim In-Verkehr-Bringen mittels Transferdruck und Lasern. Durch die Identifikation der Einzel-Einheiten ergibt sich die Möglichkeit, quasi parallel zum wirklichen Produkt-Dasein in der digitalen Welt dazugehörige Informationen zu handhaben, was häufig als „digitaler Zwilling“ bezeichnet wird. Es ergeben sich viele Chancen für unsere Industrie, indem an diese Anforderungen angepasste oder völlig neue Produkte entwickelt werden.

Eine neue Herausforderung wird die Umsetzung des Lieferkettengesetzes sein, wo die ethisch und ökologisch korrekte Wertschöpfungskette von Produkten unverfälscht dokumentiert werden soll. Konsumenten sind die wesentlichen Treiber, sie wollen nicht mehr der Marke und dem Hersteller allein vertrauen, sondern tief in seine ethischen Karten hineinschauen, um Kaufentscheidungen zu treffen.

Anzeige

Evolution der Intentionen und Begrifflichkeiten

Wenn man über Track & Trace oder Rückverfolgbarkeit spricht, kann man vieles meinen, denn eigentlich haben sich die Inhalte über die Jahre entwickelt und angereichert. Immer ist eine einmalige Serialisierung oder Codierung je Einheit die Basis. Und somit hat die Produktdigitalisierung eigentlich schon lange begonnen, lange bevor man von IoT, dem Internet of Things, gesprochen hat. In den 90er Jahren lernten amerikanische Paketdienste erstmals, mittels einmaliger Paketcodes ihre Pakete über dezentrale Verteilzentren durch die Welt zu navigieren.

Gleichzeitig trat damals die losgrößen-basierte Rückverfolgbarkeit von Komponenten in Erscheinung. Etwa lernten wir Etikettenhersteller im Zuge der Qualitätssicherung nach ISO 9001, dass wir zu jeder Produktionscharge die Rohmaterialchargen und Rückhaltemuster im Zugriff behalten sollten, um im Fall von Qualitätsabweichungen auf die Ursachen rückgreifen zu können.

Die beiden Beispiele zeigen, wie unterschiedlich Rückverfolgbarkeit und Vorwärtsplanen der Lieferwege ausgelegt sein können, wobei hier im Englischen „Track“ für Vorwärtsplanen – „track“ der Weg, die Eisenbahnschiene, welchen Weg soll etwas einschlagen? – und „Trace“ Zurückverfolgen – „trace“ die Spur, der man zurückfolgt, denken wir an die Spuren eines Hasen im Schnee.

Von der Echtheitsprüfung zur Erhellung der Distributionsketten

Als wir bei Securikett vor über zehn Jahren die Webplattform Codikett entwickelten, dachten wir zunächst an die Rückverfolgbarkeit zum Hersteller aus der Sicht des Konsumenten. Also: ist das Produkt, das ich gekauft habe, echt? Im Sinne der Fälschungsbekämpfung durch Transparenz für den User geben wir einen einmaligen Code je Verpackungseinheit aus. Dadurch kann dieser die Herkunft via Internetverbindung zu unserer Plattform feststellen.

Es ist aber auch ein lang bekanntes Problem, dass viele Hersteller, die kein eigenes Distributionsnetz mit eigenen Shops haben, ihre Produkte nicht „Tracken“ können. Nicht nur wissen sie nicht, welchen Weg –„Track“ – und Zielmarkt ihre Produkte einschlagen werden und wer und wo die Verbraucher sind. Sie können es nicht einmal im Nachhinein feststellen. Durch den Internethandel und globale Verkaufsplattformen wie Amazon wurden Distributionsketten noch undurchsichtiger für den Hersteller. Es kommt dann häufig zum Preisverfall, wenn sich am freien Internetmarkt die Zwischenhändler preislich unterbieten oder mit autorisierten bzw. geplanten Zwischenhändlern in Konkurrenz treten. Das Thema ist als Grauhandel oder Parallelhandel vielen Herstellern allgegenwärtig.

Landepunkte erfassen

Hersteller, welche nun ein System zur Echtheitsprüfung für Konsumenten etablieren, wie z.B. Codikett, können nun als willkommenes Nebenprodukt via Geotracking auch die Landepunkte ihrer Produkte statistisch erfassen, ebenso wie die Zeit von der Herstellung bis zum Produktkauf. Und sie erhalten Grundlagen, um ihre Distributions-Sicherheit zu verbessern.

Andere unserer Kunden benützen den Verifikationsprozess auch dazu, mit den interessierten Konsumenten in einen Dialog zu treten und damit die Kundenbindung zu verbessern.

Somit wird so ein System, basierend auf Einzelproduktcodes, mit dem Ziel der Echtheitsprüfung für den Konsumenten als Fälschungsschutz gleichzeitig ein Tool zur Graumarktbekämpfung und ein Mittel zur Kommunikation mit Usern. Mit einem Wort, der Unique Identifier lässt sehr viele Digitalisierungsanwendungen zu, indem er das digitale Zwillingsleben von Produkten in der Cloud ermöglicht.

Ethisch und ökologisch sauberer Ursprung von Produkten

Neue Chancen sehe ich in der Umsetzung des Lieferkettengesetzes. Während wir uns bisher auf die Distributionskette ab Hersteller fokussiert haben, geht es da um die Entstehungsgeschichte, also die Wertschöpfungskette des Produkts, ähnlich wie bei der oben angesprochenen Rückverfolgbarkeit der Komponenten nach ISO 9001.

Neu im Vergleich zur ISO 9001 ist die Anforderung nach sekundenschneller Onlineverfügbarkeit, womit wir rechnen, und auch die erforderliche Sicherheitsarchitektur, damit keine verfälschten Informationen eingeschleust werden. Denn das Lieferkettengesetz zielt auf die ethisch und ökologisch saubere Ursprungsgeschichte von Produkten. Und damit werden die Anforderungen an die Sicherheitsarchitektur und die Sicherheit der Kennzeichnung weiter nach oben geschraubt werden.

Es ist nicht einfach, solche Chancen zu nützen. Da sind wir sehr froh, dass wir bei Securikett dezidierte Bereiche und Mitarbeiter für Forschung und Entwicklung haben, sowohl für die digitalen Produkte als auch für Sicherheitsetiketten. Somit sind wir unter den Etikettenherstellern die einzigen, die ein umfassendes und funktionierendes System selbst betreiben, das heute weltweit im Einsatz ist.