Ökologie & Nachhaltigkeit

Weiterbildung zu Nachhaltigkeitsfragen in Druckereien

Quelle: Shutterstock/VectorMine
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Obwohl die Notwendigkeit für ein nachhaltiges Wirtschaften unbestritten ist, sehen sich viele kleinere Betriebe mit erheblichen Hürden bei der Implementierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen konfrontiert. Begrenzte Ressourcen, fehlendes Know-how, Prioritätensetzung und die Komplexität der Anforderungen stellen für diese Unternehmen große Herausforderungen dar. Dennoch bietet ein effektives Nachhaltigkeitsmanagement nicht nur ökologische und soziale Vorteile, sondern kann auch wirtschaftliche Chancen eröffnen. Von Dr. Michael Has*

Es ist kaum mehr strittig, dass Betriebe nachhaltiger arbeiten müssen als in der Vergangenheit und dies insbesondere um weniger Ressourcen (das heißt Energie und Rohmaterialien) zu verbrauchen sowie das, was verbraucht wird, nachhaltiger einzusetzen. Obwohl dies nicht in Frage steht sind insbesondere kleinere Betriebe oft mit den Anforderungen des Nachhaltigkeitsmanagements überfordert. Dies aus mehreren Gründen:

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  • Ressourcenmangel: Kleinere Betriebe zeichnen sich in der Regel begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen aus. Die Implementierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen erfordert jedoch zusätzliche Investitionen in Zeit, Geld und Personal.
  • Fehlendes Know-how: Nachhaltigkeitsmanagement erfordert spezifisches Wissen über Umweltstandards, rechtliche Vorschriften und nachhaltige Praktiken. In kleineren Betrieben fehlt oft das Fachwissen, um diese Anforderungen zu verstehen und umzusetzen.
  • Prioritäten und Zeitdruck: Kleinere Betriebe sind oft darauf fokussiert, ihr Kerngeschäft am Laufen zu halten. Nachhaltigkeitsmaßnahmen lenken in dem Sinne ab und werden daher vielfach als zusätzliche und personalintensive Belastung wahrgenommen. Sie stehen nicht an oberster Stelle der internen Prioritätenliste.
  • Komplexität der Anforderungen: Nachhaltigkeitsmanagement umfasst verschiedene Aspekte wie Energieeffizienz, Abfallreduzierung, soziale Verantwortung und mehr. Die Umsetzung erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise und die Koordination verschiedener Abteilungen.
  • Mangelnde Unterstützung von außen: Große Unternehmen haben oft spezialisierte Abteilungen oder Berater für Nachhaltigkeitsmanagement.

Ohne Sachkenntnis steigt der zu betreibende Aufwand leicht unkalkulierbar an und wird damit gerade für kleinere Betriebe nicht überschaubar.

Der gemeinsame Nenner dieser Anforderungen ist Sachkenntnis: Ohne Sachkenntnis steigt der zu betreibende Aufwand leicht unkalkulierbar an und wird damit gerade für kleinere Betriebe nicht überschaubar. Dies insbesondere, weil die Personaldecke und -Qualifikation nicht ausreicht, um Spezialisten anzuheuern oder gar intern auszubilden. Vor diesem Hintergrund wird Weiterbildung erforderlich. Dem steht gegenüber, dass

  • die durchschnittliche Betriebsgröße von Druckereien unter 40 Mitarbeitern liegt,
  • die Dienstleistungen für den einzelnen Kunden sich stark unterscheiden.
  • das Kundenprofil daher in der Regel so ist, dass große und nach einem Muster wiederholbare Aufträge eher nicht die Regel sind

Insgesamt ist es wichtig, dass kleinere Betriebe sich bewusst sind, dass Nachhaltigkeitsmanagement nicht nur eine ethische Verpflichtung ist, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bieten kann. Eine schrittweise Herangehensweise, Schulungen für Mitarbeiter und die Zusammenarbeit mit externen Experten können helfen, die Herausforderungen zu bewältigen.

Rechenschaft zur gesamten Lieferkette

Für die meisten Druckereien ist es aufgrund der kleinen Betriebsgrößen unwahrscheinlich, dass sie von der direkten Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit erfasst werden. Dem steht aber gegenüber, dass mit der im März/April diesen Jahres verabschiedeten Corporate Sustainability Due Dilligence Directive (CSDDD), dem europäischen Lieferkettengesetz, die berichtspflichtigen, also die großen Betriebe gezwungen sind, Rechenschaft über deren gesamte Lieferkette geben zu können. Das bedeutet für Kleinere Unternehmen, dass sie zwar nicht direkt berichtspflichtig sind aber, dass Kunden direkt oder indirekt über nachhaltigkeitsbezogene Fragen Informationen einfordern werden und diese Informationen verifizierbar sein müssen. Dies führt immer wieder zu der Situation, dass

  • etwa von Kunden oder Kooperationspartner ein entsprechendes Reporting gefordert wird,
  • man auch durchaus guten Willens ist aber dann
  • überhastet Software oder Dienstleistungen erwirbt,
  • die sich unabsichtlich zu langfristigen Bindungen führen oder
  • nicht anforderungsgemäß herausstellen.

Nachhaltigkeitsfragen beziehen sich auf ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte der unternehmerischen Arbeit. Der Europäische Berichterstattungsstandard ESRS (European Sustainability Reporting Standard) schreibt unter anderem eine Berichterstattung zu den folgenden Themen vor:

 

Umwelt- Fußabdrücke/KPIs Soziale KPIs KPIs zur Unternehmensführung
Treibhausgasemissionen

Verschmutzung der Luft

Innovationen bei umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen

Energieverbrauch und -reduzierung

Abfallmanagement und -reduzierung

Wasserwirtschaft, -nutzung und -auswirkungen

Abhängigkeit und Schutz von Ökosystemen sowie biologische Vielfalt

Keine Kinderarbeit

Keine Sklaverei

Gesundheit und Sicherheit

Gesundheit und Sicherheit der Kunden

Diskriminierung und Chancengleichheit

Management der Lieferkette

Mitarbeiterschulung und -ausbildung

Gleichstellung der Geschlechter

Verhaltenskodex und Wesentlichkeit von unternehmerischer Rechenschaftspflicht

Transparenz und Offenlegung

Vielfalt und Struktur des Vorstands

Bestechung und Korruption

Einbeziehung von Stakeholdern

Rechte der Stakeholder

Unabhängigkeit des Verwaltungsrats

Kontrollmechanismen im Unternehmen

Vergütung von Führungskräften

Einhaltung gesetzlicher Vorschriften

 

Wie man sieht, ist das Thema Mitarbeiterschulung und -ausbildung (d.h. Schulung allgemein, nicht nur auf Nachhaltigkeitsfragen bezogen) explizit als berichterstattungswürdig genannt und der betriebliche Alltag zeigt, dass die Berichterstattung nicht nur ein vorgegebenes Muss, sondern auch im Eigeninteresse des Unternehmens vernünftig ist.

Erfahrungsgemäß beziehen sich die wichtigsten der weiterzugebenden Inhalte werden sich auf

  • das Einhalten des Codes of Conduct der großen Kunden
  • Fußabdrücke bzw. der Indikatoren zu sozialen oder governance-bezogenen Eigenheiten der Betriebe.

Die entsprechende Unterweisung muss bei der Einstellung, bei Veränderungen im Aufgabenbereich, der Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Die entsprechende Weiterbildung muss

  • handlungsorientiert sein und sollte und Reflexions- und Planungskompetenzen vermitteln
  • das Thema Nachhaltigkeit weit begreifen – also neben den offensichtlichen Fragen aus dem Bereich Umwelt auch den Bereich soziale Gerechtigkeit und Unternehmensführung umfassen.

Die oben angeführten Kriterien des European Sustainability Reporting Standard können als Richtschnur genutzt werden.

Für die meisten Druckereien ist es aufgrund der kleinen Betriebsgrößen unwahrscheinlich, dass sie von der direkten Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit erfasst werden.

Rechtlicher Rahmen

Die derzeitige Gesetzeslage erfordert eine Nachhaltigkeitsberichterstattung nur für bestimmte Betriebe: Die Pflicht zur nichtfinanziellen Berichterstattung gilt für

  • große kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften (§ 289b HGB), ebensolche haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften (§§ 264a, 289b HGB), Europäische Gesellschaften (SE 61 der SE-Verordnung (EG) Nr. 2157/2001)
  • Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 i. V. m § 289b HGB), die im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen.
  • Große Kreditinstitute sowie große Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern im Jahresdurchschnitt (§ 340a Abs. 1a HGB, § 341a Abs. 1a HGB).
  • Konzerne (§§ 315b ff., 340i Abs. 5, 341j Abs. 4 HGB)

Befreiungen von der Berichtspflicht können sich aus § 289b Abs. 2 und 3 HGB oder § 315b Abs. 2 und 3 HGB ergeben. (Quelle 1).

Dem Autor sind keine gesetzlichen Anforderungen an Weiterbildung im Nachhaltigkeitsbereich bekannt. Es scheint vernünftig die Anforderungen aus dem Arbeitsschutzgesetz als Richtschnur zu nutzen (Quelle 1). In einigen der europäischen und internationalen Guidelines taucht eine Maßgabe auf, die in diesem Zusammenhang erwähnenswert ist. Denn dort werden Sicherheit, Gesundheitsschutz und Nachhaltigkeitspraxis auf eine Stufe gestellt und auch zu diesem Themenbereich entsprechende Schulungen von Mitarbeitern verlangt. Themen, die auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind müssen handlungsorientiert und partizipativ sein und entsprechende Reflexions- und Planungskompetenzen vermitteln.

Einbindung und Weiterbildung

Um langfristig reibungsfreie Geschäftsbeziehungen zu gewähren, sollten MitarbeiterInnen diese Themenbereiche also kennen und zuordnen können – dazu ist aufgabenbezogen deren Einbindung und Weiterbildung erforderlich. Erforderlich, denn „Unternehmen sollten“ … „ihre Aktivitäten generell so gestalten, dass sie zu dem übergeordneten Ziel der nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Unter anderem sollten Unternehmen insbesondere“ die Vermittlung einer „Angemessene Ausbildung und Schulung der Arbeitnehmer in Umwelt, Gesundheit und Sicherheit, einschließlich des Umgangs mit Gefahrstoffen und die Verhütung von Umweltunfällen, sowie in allgemeineren Umweltmanagement, wie z. B. Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung, Öffentlichkeitsarbeit und Umwelttechnologien.“  (Quelle 2) sicherstellen.

Um für ein entsprechendes Verhalten zu sensibilisieren und Prozeßveränderungen zu motivieren führen viele Unternehmen auch Anreize und Belohnungen auf der Ebene des Führungspersonals ein. Diese Systeme müssen, wie aus der obigen Tabelle ersichtlich ist, ebenfalls im Rahmen der ESRS Berichterstattung dargelegt werden – ebenso wie die entsprechend erlangten Zielerreichungen. Auch um die entsprechenden Verantwortlichkeiten zu begründen und zu motivieren ist eine Einbettung der Nachhaltigkeitsziele in Strategie, Ziele und Aufgabendefinition. Auch diese verlangt neben Motivation nach Sachkenntnis und damit Weiterbildung.

Weitere Inhalte von Weiterbildungen können sein

Hintergrund

  • Historischer Hintergrund der Nachhaltigkeitsdiskussion
  • Die Klimakrise – bekannte Auswirkungen, Schäden, Prognosen
  • Nachhaltigkeit und soziale Entwicklung
  • Wertschöpfung und Wertschöpfungsketten, Ökonomische Prinzipien und Nachhaltigkeit in einem Unternehmen
  • Rechtliche Aspekte – Wirtschaftliche Grundsätze und Nachhaltigkeit für Unternehmen in der EU
  • CSR-Berichterstattung in der EU

Branchenspezifische Aspekte

  • Nachhaltige Finanzen und verantwortungsvolles Bankwesen
  • Carbon Footprint als Instrument für Ecodesign
  • Berechnung von Carbon Footprints
  • Kreislaufwirtschaft, Wiederverwendung, Wiederaufbereitung und Lieferkettenmanagement
  • Nachhaltige Unternehmensführung
  • Kommunikation und Einbindung von Stakeholdern
  • Nachhaltigkeitsorientiertes Marketing

Es ist sinnvoll, „best practices“ anzusprechen, entsprechende Rechnungen oder Konzepte des Wettbewerbs zu diskutieren, Fehlerrechnungen oder auch praxisnahe Rechenbeispiele zu erarbeiten. Neben der formalen Anforderung an die Qualifikation von Mitarbeitern der Führungsebene kommt eben diesen Mitarbeitern auch eine Vorbildfunktion zu. Hier bieten sich neben Weiterbildung auch Coachings an.

*Dr. Michael Has ist promovierter Physiker. Nach der Promotion war er in der FOGRA für Innovationsforschung und Vorstufentechnik verantwortlich. Bei Océ bzw. Canon bekleidete er Positionen in Forschung und Entwicklung, dem Management und der Strategischen Planung. Dr. Has ist seit 1998 Distinguished Professor an der Universität Grenoble.

Quellen

1: https://www.ihk.de/koblenz/unternehmensservice/recht/gesellschaftsrecht-handelsvertretung/csr-berichtspflicht

2: OECD Guideline for Multinationals, https://www.oecd.org/corporate/mne/48004323.pdf, Seite 41/42, eigene Übersetzung